Eigentlich könnte der Bericht für diesen Tag angenehm kurz werden: Zum Trailhead gefahren, zum Wasserfall hin und zurück gelaufen, zurück gefahren.
Aber da ich vermute, dass der geneigte Leser doch nach etwas mehr Informationen giert, hier das Ganze in epischer Breite:
Auf meinen Streifzügen durch das Internet war mir bei IG ein Account aufgefallen: hiddensandiego. Hört sich geheimnisvoll an, ist es aber nicht. Aber es werden schon verborgene Schätze landschaftlicher und kultureller Art aufgezeigt. Unter anderem auch die Cedar Creek Falls. Genaue Recherche ergab, dass man sich vorher ein Permit besorgen muss. Kein Problem, 6 USD bezahlt und fertig. Permit noch auf dem Hoteldrucker ausdrucken (wurde ausdrücklich empfohlen. Also der Ausdruck, nicht das mit dem Hotel) und einstecken.
Der Trailhead der Falls liegt ca. eine Stunde von Oceanside entfernt in der Nähe der Stadt Ramona am Highway 78. Als wir ankamen, hatten wir schöne Wohngebiete und Farmland durchfahren. Die Wolken, die uns bis zum Interstate Highway 5 begleitet hatten, waren einem strahlend blauen Himmel gewichen. Und die 16 °C gingen jetzt in die Mittzwanziger.
Erstmal Sonnenschutz auftragen, das waren wir gar nicht mehr gewohnt.
Am Trailhead sollten wir uns erstmal registrieren und unsere aus dem Internet erhaltene Permit-Nummer eintragen. Kein Problem. Das kam erst danach: Dick angeschrieben wurde überdeutlich darauf hingewiesen, dass man ja genug Wasser mitnehmen möge. Pro Person eine Gallone. Denn es geht zuerst 3 Meilen bergab und auf dem Rückweg logischerweise 3 Meilen wieder bergauf.
Wir hätten die Warnung gerne in den Wind geschlagen, hätte es welchen gegeben. Aber Wasser nahmen wir auf jeden Fall mit. Die Wegbeschreibung war korrekt, es ging wirklich immer nach unten.
Und nach jeder viertel Meile ein Marker, der anzeigte, wie lange es in jeder Richtung noch wäre. Nett, aber so kleinteilig? Dann auf dem Weg nach unten mehrere “Unterstände”, deren Sinn uns nicht so ganz erschloss. Ging doch eigentlich ganz glatt, der Weg.
Nach drei Meilen hatten wir dann wirklich den Wasserfall erreicht.
Er war wunderschön und nur ein paar Youngsters erfreuten sich mit uns daran. Bei mir (und bei Karin auch) kamen Erinnerungen hoch, wie wir 2018 in Utah die Lower Calf Creek Falls erwandert hatten. Damals auch eine Tortur durch tiefen Sand bei großer Hitze. Die Mädels verließen uns irgendwann und wir konnten in aller Ruhe das kühle Wasser und die Stille genießen.
Squirrels kamen neugierig näher in der Hoffnung, etwas Nahrung abstauben zu können.
Nach einiger Zeit waren wir erfrischt und fit genug, den Rückweg antreten zu können. Ich füllte noch meinen Cowboyhut mit Wasser und stülpte ihn mir über den Kopf.
Das waren so ungefähr unsere glücklichsten Momente. Bis zum Flussbett ging es auch noch so einigermaßen, aber dann ging es bergauf. Und da wurden dann alle Warnungen wieder wach, die wir oben gelesen hatten und von denen wir sonst gehört hatten: Überhitzung, Sonnenstich, Kreislaufkollaps und was noch alles dazu gehört. Das einzige Mittel dagegen war eine entsprechend langsame Gangart. Meine Running-App sprach von ca. 24 Minuten für einen Kilometer. Und jetzt wussten wir auch, wofür die Unterstände da waren. Und waren sowas von dankbar dafür, dass wir einige Minuten Pausen im Schatten einlegen konnten, damit der Puls sich wieder auf Normalniveau bewegte.
Ab und zu gab es Wind, aber wenn dieser nicht wehte, konnte man richtig die Hitze spüren, die vom Boden aufstieg. Theoretisch hätte ich mein Hemd zur Gewinnung von Flüssigkeit auswringen können, wenn diese nicht bei ca. 31 °C vorher weggetrocknet wäre.
Ich will nicht sagen, dass wir auf allen Vieren zum Wagen krochen, aber ich kam mir vor wie der Wüstenwanderer, der auf allen Vieren zu einem Gebäude kommt und der Portier meint: Hier Casino, nur Eintritt mit Kravatte…
Unsere Getränkevorräte, die wir mitgenommen hatten, waren restlos verbraucht. Aber im Auto gab es reichlich Nachschub. Was freuten wir uns, in der Kühle der Klimaanlage wieder Richtung Heimat zu fahren.
Auf dem Weg nahmen wir noch eine Costco-Tankstelle mit und landeten am frühen Abend wieder in Oceanside – bei bedecktem Himmel und deutlich geringeren Temperaturen.
Direkt am Pier von Oceanside (der übrigens einer der längsten an der Westküste ist) liegt ein kleines süßes Häuschen, welches unter dem Namen: The Top Gun House bekannt worden ist. Dort spielt die Szene, in der Tom Cruise seine Instruktorin Kelly McGillis besucht und anschließend mit dem Motorrad in den Sonnenuntergang rast.
Mangels Sonne, wegen der Stopschilder und der Geschwindigkeitsbegrenzungen versuchten wir nicht, es ihm nachzumachen.
Die romantische Szenerie ist auch mittlerweile einigen Großbauten gewichen. Das kleine Häuschen steht inmitten eines Hotelkomplexes, welcher artig darum gebaut worden war.
Wir wollten dort für eine Freundin noch einen “Top Gun Mug” kaufen, aber der Laden war schon vor 18 Uhr dicht.
Also begaben wir uns auf den Pier, suchten uns eine leere Bank und genossen mit Blick auf die Surfer unser Abendessen.
Danach ging es – selten so kaputt, aber glücklich – ab ins Hotel.