Back to the roots – einen Tag nur mit einer Festbrennweite unterwegs.
Es begab sich wieder einmal, dass wir in Chauffeurdiensten unterwegs waren und im Hotel Weisses Lamm in Veitshöchheim einkehrten. Die Juniorsuite war bereit wie immer und H. Schulz an der Rezeption bereitete uns einen warmen Empfang, wie immer. Dabei wäre speziell das nicht so nötig gewesen, denn draussen herrschten noch immer schwüle 30°C. Und drinnen war es auch nicht kühler. Erschöpft fielen wir in die Federn, alle Fenster sperrangelweit auf. Aber das hatte mehr psychiologische Wirkung. Zum Glück hatte es sich am nächsten Morgen mächtig abgekühlt und wir genossen das Frühstück im Straßenkaffee auf dem Gehsteig. Der stürmische Wind trieb eifrig Wolken vor sich her und wir beschlossen, dem Rokokogarten ein paar Sonnenstrahlen abzutrotzen. Und ich war gespannt, wie mein Experiment funktionieren würde. 1975 hatte ich mir meine erste Spiegelreflexkamera gekauft, eine Minolta SRT303. Und damals auch nur mit dem Standardobjektiv, einer 50mm-Scherbe, gearbeitet. Aber heutzutage ist ja alles so einfach. Superweitwinkelzoom, Weitwinkelzoom, Telezoom, all das gibt es und lässt sich wunderbar einsetzen. Aber warum nicht mal wieder Turnschuhzoom, das Auge schärfen und die Lichtstärke und geringe Schärfentiefe einer 1,4er Optik ausprobieren und ausreizen. Ok, ich gestehe, ich bin ein fotografisches Weichei: Erstens hatte ich noch meinen oben genannten Objektivzoo dabei und zweitens habe ich dann doch das 1.2er 50mm MF zuhause gelassen, aber nur, weil die AF-Optik für Digitalkameras “gerechnet” ist. Aber genug von der Technik.
Wie immer lockt die Grotte mit den seltsam gestalteten Tieren auf der Höhe. Als besonderes Schmankerl kam diesmal hinzu, dass die Tür vom Wasserturm unvorsichtigerweise nicht abgeschlossen war und wir aus dem 2. Stock mal einen anderen Blickwinkel anbieten können.
Die beste Reisebegleiterin von allen freute sich über Schildkröten (Honus) und im Kräuter-/Gemüsegarten waren die Artischocken reif.
Hatte ich noch nie in “freier Wildbahn” wachsen gesehen. Ihr? Jedenfalls sehen sie so aus. Danach noch kurz zum Main (könnte auch die Ruhr mit der weißen bzw. gelben Flotte sein) und zurück zum Hotel.
Im Kühlschrank der Suite warteten schon die kalten Getränke. Ab in den Wagen damit und auf nach Sommerhausen, welches bekanntermaßen gegenüber von Winterhausen liegt. Nie davon gehört? Ich auch nicht. Ich stieß darauf, als ich im Netz der Netze nach “Attraktionen” im Umland von Würzburg suchte. Schöne Altstadt mit vielen Galerien.
Das Dorf liegt ca. 13 km südlich von Würzburg. Vor den Toren angekommen, wies ein Schild darauf hin, dass es innerhalb der Stadt keine Parkplätze gäbe, dafür aber rund um die Stadt. Letzeres stimmte, ersteres nicht. Aber zumindest hält man so einen großen Teil des Verkehrs aus der Altstadt fern. Wenn es jetzt noch gelänge, die Fahrzeuge der Bewohner unsichtbar zu machen, dann wäre das Bild perfekt.
Die Beschreibung mit den Galerien stimmte fast. Und neben jeder Galerie gab es ein Kaffee. Oder eine Weinprobe. Oder beides. Der Stadtrundgang anhand von ausliegenden Plänen gestaltete sich sehr einfach (geht auch OHNE Navi). Die Stadt strahlt ihren Charme dadurch aus, dass sich innerhalb der so gut wie vollständig erhaltenen Stadtmauern fast ausschließlich Häuser im gleichen Alter und Stil befinden. Und diese zu großen Teilen im gut erhaltenen oder restaurierten Zustand. An den Ecken stehen Wehrtürme (viele), schöne Stadttore ermöglichen (oder verwehrten früher) den Zugang. Die Besichtigungstour führt zum Teil innen an der Stadtmauer entlang und zeigt hübsche und aufgeräumte Hinterhöfe. Was die Bewohner von dieser Art von Voyeurismus halten, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Ach ja, es gibt nicht nur Milch von glücklichen Kühen:
Da Stadtbesichtigungen doch immer recht anstrengend sind, hatten wir uns eine Pause verdient. Direkt vor den Toren der Stadt liegt der Main mit einem gut ausgebauten Fuß-/Radweg. Dort ließen wir uns auf einer Bank nieder und vernichteten die mitgebrachten Sandwiches. Ach ja, und ich hatte Sex on the beach. Steht zumindest auf der Dose drauf.
Weiter nach Wertheim Village, um gemütlich mal die Geschäfte dort in Augenschein zu nehmen. OK, Karin nahm in Augenschein, ich machte es mir auf den Bänken davor bequem. Immerhin schafften wir es, das Shopping Center zu verlassen, ohne einen Cent auszugeben.
Von Wertheim Village nach Wertheim Downtown sind es nur wenige Kilometer und ich wollte von einem ganz bestimmten Punkt aus die Burg nochmal fotografieren. Mit Normalobjektiv, versteht sich. Übrigens habe bisher meinen Test mit 50mm Brennweite durchgehalten. Obwohl es nicht immer ganz einfach war und ich auf den einen oder anderen Look verzichten musste.
Voilá, die Burg am Fluß.
Zurück nach Veitshöchheim und am Nachmittag ein kleines Nickerchen machen, bevor die Nachtschicht beginnt. Da stand bei mir die Residenz auf dem Plan und noch einmal die Festung Marienberg.
Um ca. 20 Uhr ging es los. Die Sonne kämpfte sich immer noch ab und zu durch die Wolken, der Wind machte den Aufenthalt bei ca. 25°C schon Hawaii-ähnlich. Vom letzten Aufenthalt wussten wir, dass der Parkplatz an der Burg ab 19 Uhr kostenfrei war. WAR. Mittlerweile hatte die Stadtverwaltung erkannt, dass damit auch noch Geld zu verdienen ist und hatte die Gebühr auf 1 Euro festgelegt. Erträglich. Auf einer der Mauern erwartete uns ein dramatischer Himmel, in Gegenrichtung eine tolle Ausleuchtung mit warmem Abendlicht. Wir machten es uns auf einer der Mauern gemütlich (wie viele andere) und genossen die Abendstimmung und die angestrahlten Wolken über und hinter der Stadt. Zwischendurch mal ein Panoramafoto produziert:
Endlich war es dunkel genug und die Lichter gingen unter uns und auch an der Burg an. Zeit für ein Blitzlichtexperiment und dann ist wieder Architekturfotografie dran. Blaue Stunde at its best. Selbst das Käppele gegenüber präsentiert sich angeleuchtet nicht schlecht. Ich gestehe, dass ich schon in Versuchung geriet, das Tele auszupacken. Aber nein, es geht auch irgendwie ohne.
Dann zum guten Schluss noch runter zur Residenz. Und da kam ich dann endgültig an die Grenzen des 50mm-Objektivs. Mehr wäre da auch aus großer Entfernung nicht draufzukriegen gewesen. Also für 2 (in Ziffern ZWEI) Fotos das 14-24er rausgeholt und die beiden folgenden Aufnahmen geschossen. Der Winkel ist schon ein anderer und auch die Perspektive hat (in Maßen genossen) auch was für sich. Als letztes Foto noch ein Schussversuch auf den Mond. Jetzt aber ab nach Hause. Ein wunderschöner Tag geht zu Ende.
Fazit: Ja, es geht durchaus mit nur einem Normalobjektiv. Aber mit anderen Brennweiten lässt sich aus Stadt und Land manchmal doch noch ein wenig mehr herausholen. Also doch weiterhin Schlepperei. Ob ich mal meine Göttergattin frage, ob sie mir die Fotoausrüstung trägt? 😉
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