Ein Wochenende in Den Haag

Was gibt es schöneres, als ein Wochenende mit den lieben Kleinen zu verbringen? Gut, die lieben Kleinen sind jetzt mehr oder weniger erwachsen, aber für die Eltern bleiben sie so.

Wir hatten uns entschlossen, von Freitag bis Sonntag nach Den Haag zu fahren. Warum gerade dorthin? Wir kannten die Stadt noch nicht, sie liegt nah am Meer und machte von Fotos einen schönen Eindruck.

Also setzten wir uns von Essen aus gegen 13.30 auf die Autobahn nach Westen, um in die üblichen Freitag-Staus zu geraten. Was die Fahrt nicht gerade angenehmer machte, war das dichte Schneetreiben, welches uns ab der holländischen Grenze überfiel. Und wir hatten unsere Langlauf-Ski nicht eingepackt.

Aber nach ca. vier Stunden hatten wir das Hotel den Haag in Den Haag erreicht. Ein hübsches altes Haus in einer Reihe von vielen anderen hübschen alten Häusern, einige davon die Botschaften fremder Nationen (auch die Deutsche Botschaft liegt an der Straße, allerdings ein kompletter Neubau).

Die Befürchtungen, dass das Hotel innen so alt ist wie es von aussen ausschaut, wurden zum Glück nicht erfüllt. Wir hatten sogar einen riesigen Balkon, der allerdings am Abend mehr für einen Freischwimmer ausgereicht hätte. Von dort aus der Blick die Straße hinunter:

Die Zimmer waren alle hochmodern renoviert, bis auf die Fenster/Türen nach draußen, die waren im komplett alten Stil erhalten. Isolation? Fragwürdig. Aber es war gemütlich, das Internet funktionierte auch. Was will man mehr? Vielleicht noch etwas Ruhe, denn in der Vorhalle tummelten sich Dutzende Jugendliche, eine Schulklasse hatte sich einquartiert. Wir überlegten schon, ob wir uns nach einer großen Partie umsehen sollten, nur um die Nacht ruhiger als im Hotel zu verbringen. Aber vom Personal wurden wir beruhigt: Die Kids hätten nach 21.30 Ruhe verordnet bekommen. Valium für die ganze Klasse? Angeblich soll man ja in Holland leichter an Drogen kommen. Wir sind gespannt.

Da der Abend noch jung (und wir noch frisch) war(en), machten wir uns zu zweit auf den Weg zur nächstgelegenen Sehenswürdigkeit, dem Friedenspalast. Ca. ein Kilometer entfernt, ebene Straße, Obacht wegen der Radfahrer (fietse und fietse-brom), die ja in Holland einen ganz anderen Stellenwert erfahren als in Deutschland. Zu Einbruch der Dämmerung erreichten wir auch das imposante Gebäude, welches durch Gitter und Zugangsbeschränkungen gut gesichert war. Wir erfuhren dort, dass es sich um die Location des Internationalen Gerichtshofes handelt, kein Wunder also.

Für ein Foto, aufgelegt auf einen der Gitterstäbe, reichte es gerade noch, dann wieder ab ins Hotel,

Ca. eine Stunde später trudelten auch unsere Söhne ein, sie waren aus einer anderen Richtung angereist.

Da uns alle der Hunger quälte, liefen wir nochmal los, zu einem gemütlichen Thai-Restaurant, welches wir vorher auf dem Weg entdeckt hatten. War echt lecker.

Der nächste Morgen begann voll Trubel, die Schulklasse wollte auch frühstücken. Ich fragte mich schon, wo die Kids alle herkamen, hatte ich doch eine etwas ältere Begleitperson in Englisch mit deutlich amerikanischem Akzent sprechen gehört. Fragen kostet nichts: Die Kids kamen von einer internationalen Schule in Zürich und der Lehrer stammte aus Tampe in der Nähe von Phoenix, Arizona. Also richtig geraten.

Während des Frühstücks lagen auf dem “Lehrertisch” dutzende Handys, eine sinnvolle Maßnahme.

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Die Nacht war übrigens so ruhig gewesen, wie die Hotelangestellte vorausgesagt hatte..

Draußen bläute der Himmel, was das Zeug hielt. Mein weiblicher Gegenpart hatte einen plötzlichen Anfall von Schlafsucht, die Kids waren noch nicht einmal wach, also beschloss ich, alleine noch einmal zum Friedenspalast zu laufen. Schön, das Gebäude in der Sonne zu sehen.

Auf dem Rückweg nahm ich noch ein paar andere Nebenstraßen mit, um das Flair der Stadt in mich aufzusaugen.

Echt hübsch hier.

Nachdem dann alle gefrühstückt hatten, ging es richtig auf in die “City”. Wenn schon die gewöhnlichen Straßen so hübsch aussehen, wie sieht es dann erst anderswo aus.

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Durch die Straßen, durch die Gassen ging es vorbei an bunt bemalten Häusern,

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durch Einkaufspassagen,

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Hollands Holzschuhe lassen grüßen (sind übrigens nicht nur in Holz erhältlich).

Ein Kaufhaus am Hofplaats,

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ein schönes Stadttor am Binnenhof nahe dem Mauritshuis.

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Am Hofvijver (ich vermute mal, es heißt auf deutsch Hofweiher, also Hofteich) ließen wir uns auf einer Bank nieder und ließen uns die Sonne in den Hals scheinen.

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Von der anderen Seite des Teichs hat man einen Blick auf das alte und das neue Den Haag auf einem Bild,

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dreht man sich um, der Markt (für touristische Zwecke).

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In der Grote Halstraat dann “The Sting”, eine Art P&C für die Niederlande,

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vorbei an Grachten schlenderten wir gemütlich solange, bis die Sohlen deutliche Abnutzungserscheinungen aufwiesen.

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Genug Stadt gesehen, auf geht es ans Meer. Unendliche Weite, Einsamkeit, Wellen. Mal sehen, was wir davon in Scheveningen mitbekommen.

Ca. eine Viertelstunde entfernt kamen die ersten Wohntürme in Sicht. Mit Einsamkeit müssen hier schonmal nicht rechnen. Die Stadt ist vollkommen auf Tourismus aufgebaut, ein paar ältere Gebäude wehren sich noch gegen den Fortschritt.

D835131Auf dem Pier ein Riesenrad und ein Turm für Bungee Jumping.

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Der Blick zurück offeriert den Kommerz in seiner vollen Größe und Schönheit. Vermutlich wird es einsamer, wenn man diesen Teil der Küste verlässt und sich nach Norden oder Süden orientiert. So erinnert es hauptsächlich an eine Mischung von Santa Monica Pier (Riesenrad) und Venice Beach (Verkaufsbuden) vor der Küste von Los Angeles. Nur, dass es dort deutlich wärmer ist.

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Letzter Halt  für heute: Der Hafen von Scheveningen. Nichts außergewöhnliches, Jachten, etwas Industrieschifffahrt

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und ein Sonnenuntergang zum Ausklang.

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Am nächsten Morgen (die Schulkinder aus der Schweiz waren bemerkenswert ruhig geblieben) war das Wetter eingetrübt, aber das konnte uns das Frühstück nicht vermiesen. Unser Arizona Cowboy (der amerikanische Lehrer), den wir dann trafen, meinte nur, er hätte es wohl geschafft die Kinder so kaputt zu bekommen, dass sie zu keinerlei Eskapaden mehr fähig gewesen wären. Wenn jemand das Rezept benötigt, ich kann versuchen, den Kontakt herzustellen.

Jedenfalls frühstückten wir ausgiebig und gemütlich, um uns dann gegen 12 Uhr aus dem Hotel auf den Weg zu machen. Ziel war Delft, dessen Windmühle im Netz der Netze groß angepriesen worden war. Aber lag es am Wetter?

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Irgendwie wollte der Funken nicht so recht überspringen. Aber Delft selbst soll ja auch ein nettes Städchen sein. Also suchten wir uns eine Parkgarage. Immer tiefer ging es bis zum 4. Stock unter die Erde, immer in dem Bewusstsein, dass direkt neben uns ein Kanal, eine Gracht entlangfloss. Die Holländer scheinen großes Vertrauen in ihre Baukünste zu haben.

Ein paar Schritte aus der Garage raus landeten wir in einem allerliebsten Städchen, noch gemütlicher als Den Haag mit vielen Grachten und Lädchen.

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Der Käseladen hat es uns besonders angetan.

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Dutzende (wirklich so viele) verschiedene Käsesorten luden zum Probieren ein, so ähnlich wie in der Cheese Factory in Tillamok, Oregon. Einen kleinen Käse nahmen wir auch mit.

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Zum Abschluss ging es noch in eine Art Bistro, mit Blick auf eine Gracht, wo zwischendurch auch ein Ausflugsboot durchfuhr.

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Interessant von der Wassertechnik her war die Tatsache, dass ein paar Räume und auch die Küche auf Höhe der Wasserlinie lag.

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Danach machten wir uns wieder auf den Weg.

Auf dem Weg noch der Blick auf eine Kirche, die Erinnerungen an Pisa weckte, so schief steht der Turm.

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Unser Wagen in der Parkgarage stand noch immer im Trockenen und die Rückfahrt gestaltete sich problemlos und ohne Staus.

Ein rundrum gelungenen Wochenende. Sowohl Den Haag als auch Delft haben uns sehr gut gefallen und können weiterempfohlen werden. Wenn man sich an die Tatsache gewöhnt hat, dass man, wo man kommt, steht und geht, sich in alle vier Himmelsrichtungen, oben, unten und in der Zukunft und Vergangenheit umsehen muss, um nicht von einem Fietse oder Fietse Brom überfahren zu werden.