13.10.2022 – Von Alamosa nach Buena Vista

Gestern Abend haben wir erstmalig die Heizung für längere Zeit laufen lassen. Es lässt sich nicht leugnen, es wird Herbst.

Und heute morgen soll es sogar knapp unter dem Gefrierpunkt gewesen sein. Ich hatte zwar auf dem Weg zum Frühstücksraum aus Protest meine kurze Hose angelassen, aber vom Auto doch ein Sweatshirt übergeworfen (Hose anzuziehen im Auto wäre zu umständlich gewesen).

Frühstück war gut und meine experimentierfreudige Gattin musste unbedingt etwas probieren, was ich frei nach der Definition des Romans “Qualityland” von Marc Uwe Kling als “FeSaZu” klassifizieren würde: Das Beste aus den drei Zutaten Fett, Salz und Zucker. Es schmeckte ihr so gut, dass sie mir großzügig die Hälfte überlies, die ich dann tapfer runterwürgte.

Besser funktionierte es mit unseren Kaffee-Mugs. Wir hatten uns gleich am Anfang des Urlaub Isolierkannen gekauft (die letzten liegen noch warm und trocken zuhause) und haben beim Frühstück brav nachgefragt, ob wir denn auch unsere Mugs füllen dürften. Das wurde immer großzügig erlaubt und so kommen wir meist bis in den frühen Vormittag mit einem wachhaltenden Getränk über die Runden.

Ach ja, wir wollen ja heute auch noch ein wenig Auto fahren. Ziel ist die “Stadt” Buena Vista in Colorado, ca. 100 Meilen und weniger als zwei Stunden entfernt. Aber wie auch gestern wäre die Strecke langweilig. Außerdem: Was sollen wir schon um 12 Uhr im Hotel machen?

Unser Wahl als Zwischenziel fiel auf die North Clear Creek Falls, die ein ganzes Stück nordwestlich liegen. Aber bei uns ist ja auch der Weg das Ziel, wir möchten was von diesem wunderschönen Bundesstaat sehen.

Den ersten Ministop legten wir in Del Norte an der 160 ein.

Ein hübsches Westernnest, hier gibt es sogar noch Empfang fürs Handy.

Ein Stückchen weiter auf dem Weg nach South Fork fällt die wunderbare Färbung der Blätter in den Bergen ins Auge, ich muss stoppen.

Schräg gegenüber ein alter Wassertank, der für die Railroad hier von entscheidender Bedeutung war.

Wir folgen dem Rio Grande auf seinem gewundenen Weg durch die Berge, die Herbstfärbung lässt uns auch hier nicht los.

Kurze Zeit später erreichen wir die Stadt Creede. Eine alte Western-, aber hauptsächlich Minenstadt, die Euch vermutlich schon durch die steilen Felswände im Hintergrund aufgefallen ist.

Als ich derartige Fotos zum ersten Mal sah, dachte ich, die Häuser schmiegen sich direkt an die Felsen und die Stadt zieht sich dann ins Tal hinein.

Eine Fahrt durch die Mainstreet zeigt, dass die Stadt komplett davor liegt.

Hier gibt es auch groß angepriesen ein “underground Mining Museum”. Was daran so besonders sein soll, weiß ich allerdings nicht. Sowas haben wir auch in Bochum.

Aber das Tal und die Felsen werden noch gebraucht. Erst dachte ich, man hätte eine deutsche Fernsehserie hier gedreht, was abwegig genug wäre: Die Bacherlor-Loop zieht sich einige Meilen im Kreis durch die Felsen.

Minengebäude imposantester Art ziehen sich an den Felsen hin.

Ich schalte erstmalig (weil steil und rutschig) das Vierrad-Getriebe hinzu und unser Dicker zieht mühelos nach oben. Fahren wir jetzt die ganze Strecke?

Zuviel haben wir noch vor der Nase. Also drehen wir an einer passenden Stelle und ich versuche, die Mini-Wasserfälle zu fotografieren.

Karin kommt (zum Glück) mit dem Wagen hinterher. Jetzt nicht auf dem Bild zu sehen, aber an einem über dem Bach liegenden Baumstamm hingen noch Eiszapfen.

Nach kurzer Beratung im Visitor Center machen wir uns auf, um endlich die Wasserfälle zu sehen.

Immer wieder ragen die Relikte der alten Minentätigkeit mehr oder weniger gut erhalten in die Landschaft.

Und immer wieder zwingt einen die Landschaft zu einem Fotostop. Das würde bei bedecktem Wetter nicht passieren.

Steil stürzt sich das Wasser in die Schlucht,

aber man kann, wenn man all seinen Mut zusammennimmt, direkt nach unten schauen.

Am Wasserfall treffen wir einen Einheimischen “a hiesigen” und fragen ihn, wie wir am schnellsten nach Buena Vista kommen.

Sein Rat kommt wie aus der Pistole geschossen: Über Lake City.

Wir hatten eher daran gedacht, einen Teil der Strecke zurückzufahren, aber als wir erstmal auf der Route waren, meinte Bärbel, dass es kilometer- und zeitmäßig etwa das gleiche wäre.

Gut. Kriegen wir was Neues zu sehen.

Es geht schön in die Berge, über Pässe (stellenweise bis 3.400 m hoch), bis wir vor uns den San Cristobal Lake sehen.

Dieser ist aus mehreren Muränen entstanden, die vor 850 und 350 Jahren von den Bergen runtergingen.

Uns interessierte viel mehr: Kann man hier Picknick machen? Man kann. An der Boat Launch Area stellten wir unseren Pickup einfach ans Wasser, als wir entdeckten, dass es sogar Tische und Bänke hat. Mittagessen in wunderschöner Umgebung.

Und sogar ein Inselbesuch ist möglich. Wir hatten dank der Hängebrücke eine ganze Insel für uns allein.

Kurz hinter dem See ging es dann durch Lake City. Das Dorf/die Stadt macht sich langsam winterfertig: Die Jeeps werden eingemottet, die Snowmobile werden ausgepackt.

Weiter geht es an Schluchten des Lake Fork des Gunnison River.

Speziell auf diesem Teil der Straße ist der Wildwechsel enorm, mindestens ein halbes Dutzend Male muss Karin bremsen, um nicht unser Abendessen mit Rehbraten aufzuwerten.

Schließlich landen wir an der östlichen Ecke der Currecanti National Recreation Area, deren westliches Ende wir am Anfang der Reise touchiert hatten.

Es wird wieder “zivilisierter”, als wir die Stadt Gunnison erreichen, welche als Versorgungszentrum für die Gegend dient.

Nachdem wir von der 149 auf die 50 abgebogen sind, geht es zügig weiter nach Osten, die Landschaft wechselt von bergig zu hügelig, die Sonne geht langsam unter.

Als wir dann auf der 284 Nähe Johnson Village sind, erreicht uns via Handy eine Nachricht über “controlled fire”, die heute und morgen in der Gegend aktiv seien.

Und richtig: In östlicher Richtung sieht man, wie sich der Rauch ausbreitet. Hoffentlich behalten die alles unter Kontrolle. Bis zum Hotel sind es nur noch drei Meilen.

Endlich im Hotel, was für ein aufregender und erlebnisreicher Tag im wunderschönen Colorado.