Guten Morgen Long Beach. Wir haben ein sehr kleines Zimmer, das kleinste bisher auf unserer ganzen Reise, aber wir haben für heute ein größeres gebucht, nur ist das noch nicht fertig. Als uns das Warten zu lang wird, deponieren wir unsere Koffer bei der Rezeption und machen uns auf die Reifen. Ca. 30 Minuten dauert die Fahrt nach Astoria.
Bevor es auf die Astoria Meggler Bridge (nicht zu verwechseln mit der ähnlich klingenden Butter), geht rechts eine Straße raus zum Fort Columbia, eines der drei gestern schon erwähnten Forts zum Schutz des Columbia River.
Die Gebäude sind liebevoll restauriert und man kann auch die alten Festungsanlagen besichtigen.
Auf der gegenüberliegenden Seite grüßt freundlich, aber distanziert der Leuchtturm vom Cape Disappointment.
Aber uns zieht es weiter. Wir biegen nach rechts ab auf die lange Brücke. Sie ist ca. 6 km lang und bietet an der höchsten Stelle, der Durchfahrt, 60 Meter Platz bei Flut. Sollte eigentlich für eine Menge Schiffe reichen.
Es geht zum Fort Stevens Statepark, wo wir erstmal für 10 USD einen Oregon Coast Pass für 5 Tage erwerben. Von früheren Urlauben war uns das Gerippe eines Schiffswracks bekannt, welches direkt am Strand im Wasser liegt.
Die Peter Iredale war eine viermastige Stahl-Bark, gebaut 1890 in Maryport, England, und gehörte der Reederei Iredale & Porter. Sie hatte eine Nettoregistertonnage von etwa 2.075 Tonnen, eine Länge von ca. 87 Metern.
Am 25. Oktober 1906 lief sie auf das Clatsop Spit auf, etwa 6 km südlich des Kanals des Columbia River, in der Nähe von Fort Stevens bei Warrenton, Oregon. Das Schiff war auf dem Weg von Salina Cruz (Mexiko) nach Portland, um dort Weizen zu laden. Kurz vor der Havarie gab es dichten Nebel, starke Strömungen und einen aufkommenden Sturm. Trotz Versuchen, das Schiff durch Kursänderungen zu retten, trieb ein kräftiger Windenstoß es in Brandungszonen. Drei der vier Masten zerbrachen durch den Aufprall mit dem Sand. Glücklicherweise verlor niemand sein Leben. Die Besatzung (27 Mitglieder + 2 blinde Passagiere) wurde gerettet. Es gab später eine Untersuchung durch das britische Konsulat, bei der dem Kapitän und der Mannschaft keine Schuld zugeschrieben wurde; ihre Versuche, das Schiff zu retten, wurden gewürdigt.
Nachdem das Schiff gestrandet war, versuchte man, es zu bergen oder zurück ins Meer zu ziehen, aber nach einigen Wochen hatte es sich so tief im Sand festgesetzt, dass eine Bergung unmöglich wurde. 1917 wurden die Bergungsrechte verkauft, doch das Schiff wurde nie vollständig abgerissen oder entfernt. Heute sind vom Wrack nur noch der Bugbereich, einzelne Rippen, Reste von Masten und Strukturteile sichtbar, vor allem abhängig vom Zustand des Sandes und den Gezeiten.
Das alles ist ja ziemlich interessant, aber wir fanden es noch viel schöner, auf der Ladefläche unseres Pickups zu sitzen (ja, Karin kam auch rauf: Ein neben uns stehender Truck hatte etwa die gleichen Ausmaße wie unserer und der Besitzer kam plötzlich mit einer Treppenleiter an, der uns auslieh). Im naheliegenden Costco hatten wir uns mit gutem Mittagessen eingedeckt und konnten es in dieser wunderschönen Landschaft bei (noch) wunderbarem Wetter genießen.
Danach starrten wir einfach eine ganze Zeit nur aufs Wasser und die Leutchen auf dem Strand. Irgendwann hatten wir alle Wellen gesehen und es zog uns weiter in die Ferne. Etwas nördlich vom Wrack liegt das erwähnte Clatsop Split mit der South Jetty. Auch hier gibt es einen Aussichtsturm, von dem man wunderbar im Norden den Leuchtturm von gestern sehen kann.
Jetzt gibt es zum Schluss im Statepark noch etwas Historie.
Der Bau des Forts begann 1863 während des Amerikanischen Bürgerkriegs. Es war bis 1947 in militärischem Gebrauch. Seit 1975 gehört das Gelände formell zum Oregon State Parks System. Das Fort wurde nach Isaac I. Stevens benannt — einem General des Bürgerkriegs und ehemaligen Gouverneur des Washington-Territoriums, der 1862 im Kampf ums Leben kam.
Fort Stevens war – wie schon gestern erwähnt – Teil des sogenannten „Three Fort Harbor Defense System“ zur Verteidigung der Columbia River-Mündung.
In der Nacht des 21./22. Juni 1942 eröffnete das japanische U-Boot I-25 das Feuer auf Fort Stevens. Es wurden etwa 17 Schüsse abgefeuert, aber die Schäden blieben gering. Unter anderem wurde das Rücknetz eines Baseballfelds getroffen. Fort Stevens ist damit (laut historischen Aufzeichnungen) einer der wenigen Militärposten im zusammenhängenden Festland der USA, der direkt von einem feindlichen Kriegsschiff beschossen wurde.
Es gibt mehrere „Gun Batteries“, also Geschützstellungen, viele davon mit Betonbauten aus der Zeit der Küstenverteidigung im frühen 20. Jahrhundert. Batterie Mishler ist besonders interessant: eine unterirdische Geschützstellung (mit Schießscharten) und offener Himmel über den Geschützen. Die Geschütze konnten schwere Granaten abfeuern (z. B. 10 Zoll / große Mörser), mit Reichweiten von mehreren Meilen (z. B. ~9 Meilen/ca. 15 km).
Wir machten einen kleinen Rundgang durch das Fort und dann ging es in Richtung Astoria. Auf dem Weg kamen wir an einem Ross Dress for Less vorbei, einem Laden, den Karin bisher nahezu sträflich vernachlässigt hatte. Die Mitarbeiter der Firma hatten sich schon Sorgen gemacht und angerufen, wo wir denn bleiben. Aber die Tatsache, dass man hier in Oregon ohne Tax, also MwSt. einkaufen kann, konnte sie nicht übergehen.
Mit einem gut gefüllten Beutel an Klamotten (keine Angst, sie hat noch was für andere Kunden übrig gelassen) fuhren wir dann nach Astoria rein.
Hier fanden wir relativ am Ortseingang einen Platz, um den hohen Teil der Brücke vernünftig zu fotografieren.
Linker Seite liegt das Cannery Pier Hotel, hübsch anzusehen und schön renoviert.
Auf der Commercial Street stellten wir den Wagen kurz ab und schlenderten zu Fuß durch die Gegend.
Astoria hat was Gemütliches und Anheimelndes an sich. Man kann sich gut vorstellen, hier zu wohnen (wenn das Wetter so gut ist wie heute).
Und wenn man in der Stadt ist, gehört ein Besuch zu einem weiteren Wahrzeichen unbedingt zum Pflichtprogramm: Die Astoria Column ist ein monumentaler Turm auf dem Coxcomb Hill oberhalb von Astoria.
Die Höhe des Turms ist ca. 38 Meter und er steht 180 Meter über dem Meeresspiegel.
Der aus Beton und Stahl gebaute Turm ist mit einem spiralförmigen Fries (Murals) geschmückt, umgesetzt in der sgraffito-Technik, eine Technik, bei der auf eine dunkle Grundschicht eine helle Schicht aufgebracht und dann Teile freigeritzt werden, sodass das dunkle Material darunter sichtbar wird.
Die Fries-Darstellungen zeigen geschichtliche Ereignisse der Region, darunter die Entdeckung des Columbia Rivers durch Captain Robert Gray (1792), die Lewis & Clark Expedition und die Ankunft der Eisenbahn (Great Northern Railway) in Astoria.
Attilio Pusterla (italienischer Immigrant) war zuständig für das Design und die Ausführung der Murals, zusammen mit Architekt Electus Litchfield.
Es gibt 164 Stufen in der Wendeltreppe innen, die zur Aussichtsplattform ganz oben führen. Sie bietet einen Rundblick auf die Umgebung: Astoria, den Columbia River, das Meer, die Küstenberge u.a.
Der Eintritt in den Park bzw. zum Turm ist kostenlos, allerdings wird eine Parkgebühr erhoben ($5 pro Fahrzeug), die für ein ganzes Jahr gültig ist.
Die Säule wurde am 22. Juli 1926 offiziell eingeweiht. Die Kosten für den Bau lagen damals bei etwa $27.133,96. 1974 wurde die Astoria Column in das National Register of Historic Places aufgenommen.
Es gibt eine liebgewonnene Besuchererfahrung: Besucher kaufen im Souvenir-Shop kleine Gleiter aus Balsaholz (Holzflugzeuge) und lassen sie vom Aussichtspunkt oben am Turm fliegen. Auch unsere Söhne haben sich an dieser Tradition beteiligt. Allerdings haben sie die nach unten gesegelten Gleiter vom Rasen aufgesammelt, sind dann wieder hochgestapft, um diese dann wieder und wieder nach unten gleiten zu lassen.
Vor dem Parkplatz mit Blick auf den Columbia River steht eine Reihe von Adirondack Stühlen, deren Einladung wir nicht widerstehen konnten. Wir ließen uns gemütlich darauf nieder und genossen einfach nur den Blick in die Landschaft. Da ich wegen des Zimmerumzuges meinen Rechner dabei hatte, konnte ich bei dieser Aussicht wunderbar schon diese Zeilen tippen. Die Astoria Column stellte netterweise sogar Gratis-Wlan zur Verfügung.
So verging der Nachmittag und wir hatten irgendwie keine Lust, schon wieder abzufahren. Zu schön war die Stimmung, so friedlich.
Wenn wir jetzt zu einer Stelle an der Küste gefahren wären, um dort den Sonnenuntergang zu erleben, wäre es eine Hetzerei geworden. Und hier ist es doch genauso gut.
Also warteten wir, bis die Sonne sich langsam gen Horizont bewegte.
Und als der Himmel dann nur noch ein rotes Glühen darstellte, schwangen wir uns in unseren Dicken und gondelten gemütlich in einer halben Stunde zum Hotel zurück.
Ein entspannter und ruhiger, ein Urlaubstag.