28.09.2023 – Von Canon City nach Colorado Springs

Unser Ballsaal hat uns als Zimmer sehr gut gefallen, schade, dass die Räume nicht immer so groß sind. Dafür ist das Frühstück OK, aber ohne Finessen. Aber wir werden satt, das ist die Hauptsache.

Für heute haben wir auf dem Plan, “nur” nach Colorado Springs zu fahren, reine Fahrzeit ca. eine Stunde. Aber wer uns kennt, weiß, dass wir nach einem Start um 9.30 Uhr mit Sicherheit nicht um 10.30 schon dort aufschlagen werden.

Zuerst haben wir das Gewicht unserer Koffer gecheckt, denn übermorgen geht es in den Flieger. Können wir uns noch einen Einkauf leisten? Um ehrlich zu sein, wir könnten (und sollten) noch einiges verkaufen, um auf das passende Gewicht zu kommen. Alles Überflüssige wird erstmal in Karins Handgepäckkoffer verlagert, bis er platzt. Der wird nicht gewogen.

Dann überlegen wir uns, was wir jetzt noch in Canon City unternehmen können. Wir hatten gestern schon kurz den Trailhead zum Tunnel Drive Trail angefahren, aber beschlossen, dort nicht zu laufen. Heute haben wir genug Zeit und es ist noch nicht zu warm.

Zuerst geht es ca. 100 Meter bergauf und ich merke den Muskelkater in den Oberschenkeln, den ich mir beim Treppensteigen in Bishop’s Castle geholt habe. Oben bekommt man einen schönen Überblick ins Tal und wir hoffen, bis zur Gorge vorstoßen zu können.

Der Weg führt – wie der Name korrekterweise vermuten lässt – durch insgesamt drei Tunnel, der letzte lang, dunkel und kühl.

Auf der Hälfte kommt und eine Horde Jugendlicher entgegen: Sportunterricht mit Handy (diesmal erlaubt, sie brauchten die Taschlampen, um sich auf den 100 m nicht zu verirren).

Wieder draußen gewöhnen wir uns langsam an die Helligkeit und starren hoffungsfroh in die andere Richtung der Gorge.

Noch ist es nicht so hoch wie schmal, aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Träge schlängelt sich der Fluss mit einigen Stromschnellen im Tal entlang, begleitet von der einspurigen Eisenbahn. Von den in einigen Prospekten erwähnten Raftern fehlt jede Spur. Als wir ca. zwei Kilometer auf gerader Strecke gelaufen sind, von Schatten fehlt übrigens auch jede Spur, kommt uns eine Familie entgegen. Unsere erste Frage: Sieht man hinter den nächsten 6 Biegungen was anderes als jetzt? Kommt man der Brücke nah? Beides verneinen sie und wir sehen keinen Sinn darin, noch weiter zu latschen und kehren um.

Nach etwas über 4 km sitzen wir wieder im Auto und beraten, wie es weitergeht. An einer Kreuzung hatte ich ein Straßenschild gesehen mit dem Namen Steinmeier. Das ist (fast genau so geschrieben) der Mädchenname meiner Göttergattin. Ob wir Verwandten einen Besuch abstatten können/sollten?

Wir suchen uns in der historischen Altstadt das Visitor Center raus und fragen dort nach.

Eine Angestellte konnte mit dem Namen was anfangen, ja da hätten mal – sie zeigt mit dem Finger nach Südosten – wohl welche gewohnt. Ihre Kollegin klingt sich bei Wikitree ein und findet wahrhaftig die aus der Lippe-Gegend stammenden Vorfahren und Verwandten. So klein ist die Welt.

Aber wenn wir schon im Zentrum des Wissens gelandet sind, was können uns die Damen noch empfehlen? Wir studieren gemeinsam Karten in Bezug auf unser heutiges Ziel und einigen uns auf den Phantom Canyon. Und die Dame mit dem skandinavisch klingenden Nachnamen Larsen meint noch, am Ende gäbe es einen Troll. Das passt wunderbar zueinander. Die Straße ist als gut erhaltene Dirt Road ausgeführt und ist an manchen Stellen einspurig.

Wir kommen in eine von stellenweise eng aneinanderstehenden Felswänden Schlucht, die sich an einem Bach entlangschlängeln. Hier hat es früher viel aktive Minentätigkeit gegeben, auch eine Eisenbahn fuhr durch das Tal entlang. Von den früheren Aktivitäten zeugen seltsamerweise so gut wie keine Artefakte, nur Schilder weisen ab und zu auf die Vergangenheit hin.

Die Straße ist für meinen Geschmack bei dem Zustand relativ gut befahren, zwischen 1 und 2 Dutzend Fahrzeuge kommen uns entgegen und zwingen ab und zu zu einem abrupten Bremsvorgang.

Auf der Passhöhe von ungefähr 9000 Fuß (wir starteten bei 5600 Fuß) immer wieder die leuchtend gelben Aspen, wie sie halt in der Höhe gerne vorkommen.

Irgendwann weitet sich das Tal, Hochwiesen fangen den Blick des Wanderers ein.

Und dann, Erstaunen macht sich breit, sehen wir vor uns im Sonnenschein die Stadt Victor liegen.

Wir fahren ein und ich stelle fest, dass ich selten ein so verschlafenes, aber auch hübsches Nest gesehen habe. Tourismus? Fehlanzeige. Die vielen Parkplätze, die in Touristendörfern wie diesen üblicherweise zugeparkt sind, stehen zu großen Teilen leer.

Hat das Phantom des Canyons was damit zu tun? Die City Hall liegt besonders schön in der Sonne.

Und direkt daneben die Feuerwache. Süß

Aber wir wollen noch dem Troll die Hand schütteln. Oder ihn zumindest sehen. Die Beschreibungen dahin sind etwas wage, kommen sie doch alle aus der anderen Richtung.

Auf dem Weg nach Cripple Creek schließlich fanden wir eine Ansammlung von Fahrzeugen, die auf eine Sehenswürdigkeit hinwiesen. Einige Leute stapften einen steilen Hügel hinauf, direkt neben einer Dirt Road. Aber solange die Wegstrecke länger ist als das Auto, wird gefahren.

Und dann standen wir auf einem Parkplatz und mussten nur noch ca. 100 m bergab laufen und sahen Rita, “the rock planter” vor einem Baum knieen.

Dieser Troll (so wie andere) ist komplett aus Abfallholz gebaut. Eine weitere Figur steht wohl in der Nähe von Breckenridge.

Die Legende besagt: Rita füllt die Löcher, die die Bergleute vor langer Zeit hinterlassen haben, und legt Wert darauf, das Land wieder in seinen natürlichen Zustand zu versetzen.

Offensichtlich gelingt ihr das auch. Obwohl sie damit viel Arbeit hat. Denn die ganze Gegend um Cripple Creek ist noch aktives Minengebiet. Wie man im Hintergrund auf dem Foto sehen kann, sind ganze Berge auf der Suche nach Gold abgetragen.

Mittlerweile müssen die Anwohner nicht mehr harte körperliche Arbeit leisten, um an Gold zu kommen. Cripple Creek hat durch wenigstens ein Casino die Möglichkeit, den Touristen das Geld auf angenehmere Weise aus den Taschen zu ziehen. Mehrere Touristenbusse – vermutlich von Colorado Springs und Denver – karren die Menschen für das Wochenende in dieses Bergbaunest.

Der Weg nach unten ins Tal gestaltete sich sehr angenehm, immer wieder locken tolle Ausblicke zum Fotografieren.

Schließlich landen wir von der CR67 auf der CR24, die uns in Richtung Osten bis zum Interstate Highway 25 führt. Hier gelangen wir in den üblichen Feierabendverkehr, bis wir die Autobahn verlassen können und im Hotel für die nächsten (und letzten) zwei Nächte einchecken.