27.09.2023 – Von Alamosa nach Canon City

Wir trödeln beim Frühstück ausnahmsweise mal nicht sonderlich rum. Quatschen aber doch ein wenig mit Bryan, ein netter Rentner, der den Frühstücksraum versorgt und auch schon im letzten Jahr hier war. Der Rentnerjob alleine war ihm zu langweilig, deshalb verdient er sich hier etwas dazu.

Heute wollen wir nach Canon City. Es gibt zwei mögliche Routen: Im Uhrzeigersinn über die 17 und die 285. Oder gegen die Uhr über die 16 nach Osten dann über den Interstate Highway 25 nach Norden.

Wir entschließen uns für die zuletzt genannte Route. Denn erstens wollen wir die Sanddünen noch einmal im Morgenlicht betrachten. Und zweitens gibt es in den Bergen noch eine Sehenswürdigkeit, die die beste Planerin von allen noch nicht auf dem Schirm hat.

Den Weg in den Nationalpark finde ich mittlerweile ohne Karte, aber wir sind genau genommen viel zu spät dran.

Die Dünen haben fast keine Schatten und wirken flach, fast unstrukturiert.

Wir durchfahren auf der 160 nach Osten die Orte Blanca und Fort Garland, nichts, über das es sich in meinen Augen zu berichten lohnt. Ein Stück weiter erheben sich linker Hand der Blanca Peak (14.350 Fuß hoch, links) und der Mt Lindsey (14.055 Fuß hoch, rechts). Ich habe noch nie so scharf die Baumgrenze gesehen.

Angeblich soll der Mt Blanca innerhalb von 8 Stunden besteigbar sein, soviel Zeit hatten wir nicht (abgesehen von der mangelnden Kondition).

In Walsenburg (wo in Deutschland ist dieser Name her?) fahren wir auf den Interstate und verlassen ihn kurze Zeit später, an der Ausfahrt 67, um zuerst auf die 670 und schließlich auf die 165 einzubiegen. Es geht langsam höher, wir fühlen uns ein wenig wie im Voralpenland.

Und wenn man dieses Foto von Rye sieht, fällt es auf den ersten Blick schwer zu sagen, ob das Foto in den USA geschossen wurde.

Noch ein Stück weiter in den Bergen kommen wir am Lake Isabel vorbei. Das war auch erforderlich, den wir benötigten dringend ein Roadside Püsch. Aber zum Glück haben die Amis ja mehr Toiletten als in Deutschland.

Mächtig erleichtert ging es dann noch ein paar Meilen weiter, bis zu unserem ersten Zwischenziel: Bishop Castle. Ich hatte Fotos davon im Netz der Netze gesehen und es erschien mir einen Besuch wert.

Bishop Castle ist ein erstaunliches Bauwerk, erbaut angeblich von einem Mann alleine. Er hatte das Grundstück im Alter von 15 Jahren für 450 USD gekauft und seitdem Stück für Stück das Gebäude erweitert. Die Besichtigung ist kostenlos, er erbittet nur eine Spende, die wir ihm gerne zukommen ließen.

Am Anfang ein riesiges Schild, welches auf die “Gefahren” beim Betreten der Baustelle hinweist und ihn bei Unfällen von jeglicher Schuld freispricht.

Das kann ja heiter werden. Zuerst geht es über enge Treppen (sie könnten wirklich aus dem Mittelalter stammen) in die oberen Stockwerke bis in den Ballsaal.

Von dort aus führen weiter Wendeltreppen, Obacht Kopf, Fototasche und Kamera, in die beiden Türme.

Von dort aus hat man einen schönen Überblick. Aber wenn man ganz oben in dem runden Käfig des linken Turms angelangt ist, kann einem schon mulmig werden. Zum einen sind die Bodengitter nicht ganz in einem Zustand, dass deutsche Baubehörden diese auch nur andeutungsweise abnehmen würden, zum anderen schwankt diese Kugel – und das in der Höhe – schon vernehmlich. Ich habe normalerweise keine Probleme mit großen Höhen, aber da fühlte ich mich doch nicht sonderlich wohl.

Da meine Göttergattin “durchsichtige” Treppen und Gänge nicht sonderlich schätzt, verzichtete sie auf den Aufstieg und überließ mir das alleinige Vergnügen.

Aber auf der Höhe des Ballsaals ging es noch.

Irgendwie müssen wir wieder runter. Es führt eine Treppe (steil, keine Normstufen, aber zumindest ein Geländer gab es) auf direktem Weg nach unten.

Diese nahmen wir und als Belohnung durfte sie auf einem ihr angemessenen Platz sitzen: Auf dem Königinnenstuhl.

Jetzt geht es nur noch bergab. Ich versuche, ab und zu die tolle Laubfärbung im Bild festzuhalten, was unproblematisch ist, weil hinter uns so gut wie kein Verkehr ist.

Auf dem Weg begegnen uns mehrfach Schilder wie diese:

Wir vermuten, dass in dieser Gegend Amish People leben, die die Benutzung moderner Technik mehr oder weniger komplett ablehnen. Sie wissen ja nicht, was ihnen bei der Fahrt mit unserem Dicken entgeht.

Ca. eine Stunde später rollen wir bei unserem Hotel vor. Auf unsere freundliche Frage, wie es denn mit einem Upgrade stünde, gab es nur ein: No chance, we’re booked.

Umso angenehmer überrascht waren wir dann, als wir eine King Size Suite bekamen. Vergleichbar mit dem Ballsaal in Bishops Castle. Nur deutlich sicherer. Ich nahm mir vor, meine Handy ständig in der Hosentasche zu tragen, da bekommt der Schrittzähler ordentlich was zu tun.

Der Tag ist noch nicht zu Ende. Es gibt hier die Royal Gorge mit der dazugehörigen Royal Gorge Bridge. Das verspricht optisch sehr interessant zu werden. Wir ließen uns vom Navi dahinführen und wunderten uns über die riesigen Werbetafeln mit den folgenden Inhalten:

– Zip lining
– Rafting
– Rail Coaster
– Walk

Im Endeffekt wird um diese in den USA höchste Hängeseilbrücke ein Riesenaufwand betrieben. Man kann drüberlaufen. Aber selbst das kostet pro Person 35 USD. Das war uns dann doch zuviel.

Wir spazierten ein wenig am Rand entlang, bis wir die Brücke in Augenschein nehmen konnten. Merke: Die Hochseilbrücke Geyerlei in der Eifel ist auch nicht ohne.

Schöner fand ich meinen ersten Kaktus am Rande der Schlucht.

Eigentlich wollten wir den Abend früh und ruhig ausklingen lassen, aber meine höhenverwöhnte Göttergattin wollte unbedingt den ausgefallenen Nervenkitzel nachholen.

Auf dem Weg zurück nach Canon City hieß es plötzlich: Da, ein Skyline Drive. Und da oben fahren Autos.

Was tut man nicht alles für die Liebe seines Lebens? Umdrehen, den Skyline Drive rauffahren und das Gequietsche ruhig über sich ergehen lassen. Wer die Strecke in der Escalante-Gegend kennt, weiß, dass es da über einen Kamm geht, der zu beiden Seiten (sonst wäre es kein Kamm) nach unten abfällt. Genauso war es hier auch.

Nur, dass die Straße einspurig war und ein Aussteigen nicht unbedingt empfehlenswert. Was habe ich nur getan? klang es immer wieder vom Beifahrersitz.

Irgendwann ging es dann nach unten mit schönem Blick auf Canon City und kurze Zeit später ereichten wir auch unser Hotel.

Dort genossen wir die Räumlichkeit. Erstmalig seit fast drei Wochen wieder gemeinsam an einem Esstisch essen. Das hat schon was. Könnte mich dran gewöhnen.