Das schöne Wetter von gestern ist heute wo anders tätig, der Himmel ist grau. Also lassen wir es urlaubsgerecht etwas langsamer angehen.
Als wir uns gegen Mittag auf den Weg machen, ist es immer noch bewölkt, aber wir sind zumindest ausgeschlafen.
Auf unserem Plan steht heute die Big Sur Coast bis zum Lime Creek, dort wo die große Sperrung ist. Erdrutsche (auch in neuerer Zeit) behindern und gefährden die Arbeiten, so dass in den nächsten Monaten nicht an ein Durchkommen zu denken ist. Aber das haben wir eingeplant und unsere Route danach ausgerichtet.
Wer diese Küste kennt, weiß, dass sie bei Sonnenschein besonders schön ist.
Bei bedecktem Himmel ist sie immer noch ein Foto wert.
Kurz nachdem wir diesen Turnout passiert haben (ist der Kasler Point), stehen wir im ersten Stau. An der Rocky Creek Bridge ist eine gesamte Fahrspur ins Nirvana verschwunden und der Verkehr wird einspurig mit einer Ampelanlage über die Brücke geleitet. Hoffentlich hält die zweite Spur sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg.
Auf der rechten Seite sehen wir einen Felsen mit einem Leuchtturm stehen. An der Straße ein Schild: Big Sur Lighthouse. Warum nicht mal hinfahren? Wir sind nicht als einzige auf den Gedanken gekommen, weitere drei Autos stehen auf der “Abbiegespur”, die ich aber nicht als solche direkt erkenne.
Nachdem der Irrtum geklärt ist, fragt uns der freundliche freiwillige Helfer, ob wir an der Tour teilnehmen möchten. Wir bejahen und werden zu einem Parkplatz nahe des Felsens dirigiert. Ich parke unter den kritischen Blicken der anwesenden Zuschauer unseren Dicken rückwärts ein (ohne irgendwo anzuecken) und ein weiter freiwilliger Helfer erklärt uns das weitere Prozedere:
Wir haben jetzt die einmalige (zumindest heute) Möglichkeit, an einer geführten dreistündigen Tour teilzunehmen. Ausser uns sind keine weiteren zwanzig Leutchen da. Diese werden in zwei Gruppen aufgeteilt und wir marschieren mit sechs weiteren Besuchern hinter unserem Führer, Tom, hinterher. Er hat einen flotten Schritt drauf für sein Alter und da ist es gut, dass er immer wieder Pausen macht, um uns etwas zur Geschichte zu erzählen.
Z.B. musste, um den Leuchtturm und die Gebäude zu errichten, erstmal die Bergspitze mittels Sprengung nach weiter unten ins Tal verlegt werden. 1897 fingen die Arbeiten an, zwei Jahre später führte einzig eine Treppe nach oben mit über 300 Stufen, über die alles auf den Berg transportiert werden musste.
So konnte es nicht weitergehen. Es ging mit Lastenaufzügen weiter, die zum Teil von See aus über Schiffe mit Vorräten (auch Treibstoff) bestückt wurden. Erst ein Unfall mit einem Schiff brachte die Betreiber zum Umdenken und es wurden die Mittel für eine Straße genehmigt.
Nach und nach näherten wir uns der Spitze bzw. dem eigentlichen Leuchtfeuer. Dieses stand zwar früher ganz oben, konnte dann aber nicht mehr durch die Nebelbänke gesehen werden und wurde deshalb an den jetzt verwendeten, tiefergelegenen Platz verlegt.
Natürlich konnten wir das Haus auch besichtigen. Innen drin eine alte Beleuchtungseinrichtung. Die Drehvorrichtung dafür musste wie ein altes Uhrwerk alle vier Stunden aufgezogen werden, damit sie sich dann erstmal wieder drehte.
Heute geht das alles bedeutend leichter: Eine LED-Leuchte mit Solarantrieb stellt die Funktion ohne Manpower und mit einem Bruchteil des Platzes sicher.
Ich fragte Tom, was diese wunderschönen Zacken an der Decke innerhalb des Turmes zu bedeuten hätten: Diese hätten das Tageslicht und auch das Leuchtfeuerlicht in den Turm hineingebrochen, um diesen zu erhellen. Hatte ich auch noch nicht so gesehen.
Im Vorhaus des Turms eine Ausstellung mit diversen Gegenständen aus der Historie. Unter anderem ein riesiger Zeppelin, die Macon, ein Luftschiff der US Armee, welcher 1935 ein paar Meilen vor der Küste in 500 Meter tiefes Wasser abstürzte. Von den 83 Besatzungsmitglieder überlebten alle bis auf zwei den Absturz.
Interessant an diesem Luftschiff ist, dass es in der Lage war, kleine Flugzeuge aus der Luft zu starten. Hinter der Passagierkabine seht ihr ein winziges Teil, das Flugzeug, welches von dort aus startete und anschließend wieder “landete”. Also im Endeffekt der erste Flugzeugträger der Welt.
Während unserer Tour kamen wir mit einem etwas älteren Herren ins Gespräch. Er hieß Todd und er erzählte uns, dass er als kleiner Junge hier gelebt hatte. Sein Vater war Leuchtturmwärter. Das ist erlebte Geschichte. Er erinnerte sich an viele dieser Einrichtungen und wusste auch die eine oder andere Geschichte zu erzählen.
Ich durfte ein Foto von ihm machen und wir machten uns auf zu den anderen Gebäuden.
Im Vordergrund die Schreinerei und im Hintergrund eines der Wohnhäuser. Das große Steinhaus soll angeblich verhext sein, es gibt dort auch haunted house tours. Einer erzählte, er würde seit über 130 Jahren hier wohnen und hätte noch nie einen Geist gesehen.
Als wir in die Wohngemächer kamen, wurden bei Todd wieder alte Erinnungen wach.
Die Küche war schätzungsweise eine der ersten Einbauküchen ihrer Zeit, Herd und Waschmaschine in einem Guss, das hat was.
Und auch das Wohnzimmer sieht im Endeffekt aus wie ein etwas in die Jahre gekommenes Motel. Sauber und ordentlich, aber nicht mehr zeitgemäß.
Im oberen Stockwerk zeigte Todd uns die Zimmer, wo er und seine Geschwister und wo seine Eltern gelebt hatten.
Dann war die Tour zu Ende. Wir entrichteten unseren Obulus von 15 USD/Person und marschierten mit unserem Guide wieder den Berg runter. Es waren drei äußerst interessante Stunden, die eine besondere Würze durch einen Zeitzeugen live vor Ort bekamen.
Wir wendeten uns wieder gen Süden und machten nach ein paar Meilen beim Julia Pfeiffer Burns State Park Vista Point ein Päuschen mit Nahrungsaufnahme auf der Ladefläche.
Jetzt ist es nicht mehr weit zum McWay Fall. Dieser Wasserfall gehört zu den berühmtesten der Big Sur Coast. Das Herunterlaufen ist nicht mehr gestattet, man möchte diesen Anblick so erhalten, wie er jetzt ist.
Aber von einem Tournout hat man sowieso den besten Blick. Wiedererkannt?
Nur noch ein paar Meilen und dann stehen wir vor “Roads End”. Leider können wir nicht weiterfahren, um dem Blick auf die Arbeiten und die gewaltigen Bergrutsche zu werfen. Und zum Laufen fehlt uns die Zeit (bzw. wir sind zu faul dazu).
Also machen wir uns auf den Rückweg. Ein Schmankerl schaffen wir doch noch. Bei der bekannten Bixby Bridge fanden wir auf dem Hinweg keinen Parkplatz. Jetzt kann ich mich am Straßenrand auf ein freies Fleckchen stellen.
Check. Und jetzt ab nach Hause, der Magen knurrt.