Als ich heute morgen aus dem Fenster schaute, hatte sich der Regen verzogen. Ein gutes Omen. Wir werden heute Oak Harbour und damit auch Whidbey Island verlassen und unser letztes Hotel weiter im Süden, in Renton, beziehen.
Ursprünglich hatten wir unser erstes Hotel in Everett für diese zwei Tage wieder gebucht, aber nachdem man uns nur die halben Best Western Punkte gutgeschrieben hatte und wir am letzten Tag quer durch Seattle zum Flughafen müssen, erschien uns ein Hotel, welches näher an SeaTac liegt, deutlich bequemer.
Um nach Renton zu kommen, gibt es vielfache Alternativen. Eine wäre gewesen, in den Süden der Insel zu fahren und die Fähre nach Mukilteo zu nehmen und wir wären wieder in Everett gelandet. Aber diesmal musste die beste Fährenfahrerin zurückstecken. Andere Wege haben auch interessante Zwischenziele.
Und so setzten wir uns wieder auf die Route 20 nach Norden, um den Deception Pass – diesmal bei schönstem Sonnenschein – erneut zu passieren. Wir verzichteten auf den anstrengenden Anstieg vom State Park aus und stellten uns direkt auf einen der Parkplätze an der Brücke.
So, einiges an Lauferei und Kletterei gespart.
Nur eine Meile hinter dem Deception Pass biegt links eine Straße zum Rosario State Park ein. Besonderheit(en)? Zum einen eine sehr hübsche Bucht, die natürlich in der Sonne gut rüberkommt.
Und zum anderen die Statue „Maiden of Deception Pass“ (die Samish-Legende rund um Ko-kwal-alwoot)
Die Geschichte stammt aus der Samish Native Nation. Die Legende handelt von Ko-kwal-alwoot, einer jungen Frau, die sich in ein Wesen aus dem Meer verliebt. Ursprünglich wollte ihr Vater diese Verbindung ablehnen. Später entscheidet Ko-kwal-alwoot sich dazu, unter dem Meer zu leben und nimmt in gewisser Weise eine Schutzherrinnenrolle für das Volk ein – sie opfert sich symbolisch, damit ihr Volk nie hungert.
Der Pfosten hat zwei Seiten. Die eine Seite zeigt Ko-kwal-alwoot als junge Frau in menschlicher Form, die andere Seite zeigt ihren Übergang, wie sie beginnt, sich zu verwandeln – Haare werden zu Kelp (Meeresalgen).
Das nächste Ziel ist der Mt Erie. Durch nichts wird auf einen der schönsten Ausblicke hingewiesen, die man über diese großartige Landschaft bekommen kann. Es wird wahrscheinlich daran liegen, dass die Straße seeehr schmal, seeehr gewunden und stellenweise seeehr steil ist.
Als wir unterwegs waren, schien die Sonne gerade durch den regennassen Wald und brachte diese wunderbaren Strahlen zum Vorschein.
Man kann auch von unten rauflaufen, dort gibt es Parkplätze. Aber wenn man wie wir a) wenig Zeit hatten und b) dazu noch vier gesunde Reifen, dann lässt man die 400 Pferdchen auf 8 Zylindern arbeiten und kommt an diesem Aussichtspunkt (etwas unterhalb der Kuppe) an.
Dass hier ein feuchtes Klima herrscht, sieht man auch immer wieder an den vielen Flechten, die in den Bäumen hängen und in der Sonne glitzern.
Jetzt tasten wir uns vorsichtig im ersten Gang den Berg runter und hoffen, dass uns keiner entgegen kommt. Glück gehabt.
Es geht weiter nach Anacortes. Wir befinden uns, nachdem wir den Deception Pass überquert haben, nicht mehr auf Whidbey Island, sondern auf Fidalgo Island. Das merkt man aber an der Landschaft nicht.
Als wir uns auf Anacortes zubewegen, kommen wir an einem kleinen Fährterminal an. Eine Minifähre setzt in 15 Minuten nach Guemes Island über. Da dies nicht zu unseren Zielen gehört, fahren wir gemütlich weiter und sehen an einer Straße das Anacortes Castle. Es handelte sich um ein Privatgebäude, dass ein spleeniger Besitzer dort hat errichten lassen, jedenfalls gibt es zur Historie keinerlei Quellen.
Wir wenden uns lieber der Stadt und speziell der Historic Downtown zu. Der Name „Anacortes“ wurde 1877 vom Siedler Amos Bowman geprägt. Er benannte die Stadt nach dem Mädchennamen seiner Frau („Anna Curtis“) und wählte eine Schreibweise, die spanisch klingen sollte.
Hier gibt es hübsche alte Häuser, die üblichen Kunstgewerbeläden und was man sonst in einem Touristenzentrum erwartet. Alles ist ruhig, sauber, das Leben geht einen gemächlichen Gang.
Als wir noch auf Whidbey Island waren, hat uns ein (einheimischer?) Besucher von der Stadt LaConner vorgeschwärmt. Tolle Hafenzeile, tolle Restaurants, in denen man hervorragend essen kann.
Mir war der Ort schon aufgefallen, weil es dort sehr billiges Benzin geben soll. Und auf unserem weiteren Weg liegt es auch.
Als wir zur Tankstelle kamen, waren wir wirklich baff. Die Gallone kostete 3,659 USD. Liegt wahrscheinlich daran, dass sie sich im Reservat der Swinoish Indian Reservation befindet. Sie liegt direkt am Fischereihafen, man sieht hunderte von Fangkörben aufgreiht in der Sonne trocken.
Wir waren über eine schöne Brücke gekommen und die wollten wir nicht nur durchfahrend sehen. Unterhalb liegt der Pionieer Park mit einer witzigen Idee für ein Kinderspielgerüst.
Wie man sehen kann, handelt es sich um einen Lachs, der so groß ist, wie Angler ihn ohne zu übertreiben beschreiben. Aber es ist eine Rutsche, er ist innen hohl, wie man unschwer erkennen kann.
Vom Park aus hat man einen schönen Blick auf die Brücke, die gerade von der Sonne beleuchtet wird.
Und von der Brücke (ja, ich bin extra raufgeklettert) kann man die Waterfront von LaConner sehen.
Die mussten wir uns natürlich näher ansehen. Wir fanden auch einen Parkplatz an der Haupstraße und spazierten gemütlich über den Boardwalk in der einen Richtung entlang.
Kleine Kaffees und Restaurants sind vor der Mittagszeit noch spärlich besucht, aber alle erfreuen sich am schönen Wetter und genießen den sonnigen Herbst.
Auf der Hauptstraße, der 1st Street, geht es zurück. Auch hier die ruhige, stille Atmospäre eines Ortes, der sich langsam vom Tourismus zurückzieht,
um bald in den Winterschlaf einzutauchen. Ich gestehe, das war die Überraschung des Tages neben dem Mt Erie.
Jetzt geht es aber endlich auf die Piste. Wir haben ja vollgetankt und unser vorletztes Ziel ist der Troll in Issaqua mit dem stolzen Namen Jacob Two Trees.
Hinter dem Community College auf einem Waldweg verborgen, hält sich der süße Kerl an zwei Bäumen fest, lauter Vogelhäuschen baumeln als Schmuck um seinen Hals.
Und dann geht es zum letzten Ziel, einer viel besuchten Touristenattraktion: Die Snoqualmie Falls. Man kann direkt an den Falls kostenpflichtig parken, aber gegenüber gibt es einen kostenlosen Parkplatz mit einer Fußgängerbrücke zu den oberen Aussichtspunkten.
Ein toller Anblick. Und gut, dass ich mein Stativ so tief im Koffer vergraben habe, so dass ich die halbe Sekunde Belichtungszeit irgendwie mit Auflegen der Kamera realisieren muss.
Was wir bei vorigen Besuchen nicht geschafft haben: Es gibt auch einen unteren Aussichtspunkt. Um dorthin zu gelangen, muss man an gewaltigen Fallrohren für ein Kraftwerk vorbei.
Diese sind so dick, dass ich locker darin stehen könnte. Die Fälle sehen nicht viel anders aus als von oben, daher erspare ich euch ein weiteres Foto.
Auf dem Weg zum Hotel nehmen wir ein Stück Eisenbahngeschichte mit, den ehemaligen Bahnhof in der historischen Altstadt von Snoqualmie. Erinnert ein bisschen an Flagstaff.
Und dann geht es in Richtung Hotel. Auf dem Weg dahin befällt die beste Hotelbucherin von allen große Panik, weil sie sich jetzt erst die Bewertungen für unsere Unterkunft durchgelesen hat. Wenn man denen trauen darf, handelt es sich um ein rattenverseuchtes Drecksloch mit unfreundlicher Bedienung. Das ist natürlich von mir jetzt heftig übertrieben. Aber gewisse Zweifel kommen ihr doch hoch.
Das Hotel liegt direkt am Interstate, aber wir haben ein schönes Zimmer im vierten Stock bekommen und es gibt keinen Grund zur Beschwerde. Also Sturm im Wasserglas.