Wir befinden uns auf Whidbey Island.
Mit ca. 90 km Länge ist es die größte Insel im Bundesstaat Washington und eine der größten Inseln der USA. Sie ist bekannt für ihre landschaftliche Vielfalt: Strände, Wälder, landwirtschaftliche Flächen und kleine Küstenstädte und ist beliebt bei Künstlern, Naturliebhabern und für Wochenendausflüge von Seattle (wie wir im Laufe des Tages noch sehen werden). Auffällig für mich waren beim Überfahren der Insel folgendes: Es gibt (für meinen Geschmack) überdurchschnittlich viele rechtwinklige Kurven. Warum das so ist? Keine Ahnung. Und es gibt (das ist meiner Göttergattin auch aufgefallen) überdurchschnittlich viele hübsche und gepflegte Häuser, die auf recht großen Grundstücken schön verteilt in der Landschaft rumstehen.
Unser heutiges Pensum beinhaltet den nördlichen Teil der Insel, beginnend beim Deception Pass. Dies ist eine enge Meerenge zwischen Whidbey Island und Fidalgo Island, bekannt für ihre markanten, türkisfarbenen Strömungen und die imposante Deception Pass Bridge (erbaut 1935).
Vor dem Bau der Brücke gab es nur Fährverbindungen vom Festland. Auf Drängen der Anwohner wurde im August 1934 mit dem Bau der Brücke begonnen und in ca. 12 Monaten wurde sie fertig gestellt.
Sie besteht eigentlich aus zwei Teilen, einmal die Überquerung des Desception Pass selbst (281 m) auf das sogeannte Pass Island und eine kleinere Brücke, welche das Pass Island mit dem Fidalgo Island verbindet (163 m). Die Baukosten damals betrugen rund 482.000 USD und der Bau wurde als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme durchgeführt. Man kann die Straßenseiten unterhalb der Brücke unterqueren und bequem zu Fuß auf die andere Seite laufen. Diese Unterquerung ist auch notwendig, da ein nie abreißender Strom von Autos die Brücke überquert. Nicht auszudenken, was passiert, wenn diese Hauptverkehrsader einmal stillgelegt werden muss.
Dabei bietet sich von der Brücke als auch vom Rand ein atemberaubender Ausblick nach Westen auf den Puget Sound und Vancouver Island.
Wir stellten unseren Wagen am Deception Pass State Park unten in der Nähe des Wassers ab und stapften die ca. 50 Meter zur Brücke rauf. Diese überquerten wir (zumindest ich) lockeren Fußes, obwohl man immer wieder entgegenkommenden Spaziergängern ausweichen muss. Und ihr könnt mir glauben, da ist nicht wirklich viel Platz.
Oben gibt es riesige Rhododendron-Bäume mit einer roten Rinde, hatten wir noch nie vorher so gesehen.
Den Namen hat der Pass übrigens von George Vancouver (s. auch Vancouver Island), der durch die Schärenlandschaft segelte und der Meinung war, dass es sich bei Whidbey Island um das Festland handelte. Der Name „Deception“ („Täuschung“) entstand, weil Vancouver sich getäuscht fühlte. Erst durch die Entdeckung des schmalen Durchgangs durch seinen Offizier Joseph Whidbey stellte sich heraus, dass es sich um eine Insel handelt.
Um die Brücke in ihrer vollen Schönheit zu sehen, muss man in einen anderen Teil des State Parks fahren und hat dann von einem der Strände folgenden Ausblick.
Das Wetter war bisher eher durchwachsen, aber die Sonne traute sich etwas heraus. Unser nächstes Ziel war der sogenannte Ala-Split. Hat nichts mit dem Eis von Langnese zu tun, ist einfach eine Landzunge im Nordosten der Insel, welche sich durch die Gezeiten ab und zu verändert.
Sieht schön aus, und es ist nicht viel los hier. Wie auch an allen anderen Stellen, die wir zum Rest des Tages besuchten, nicht viel Touristenverkehr zu bemerken war. Und das an einem Sonntag Nachmittag.
Uns zog es weiter in das Städchen Coupeville (benannt nach dem Ehepaar Coupe). Es handelt sich dabei um die zweitälteste Stadt im Bundesstaat Washington (gegründet 1852) und ist bekannt für historische viktorianische Häuser und die malerische Waterfront.
Im Endeffekt ist es eine Kleinstadt mit charmantem, historischem Charakter und regelmäßigem Kunst- und Kulturangebot, welche vom Tourismus lebt.
Und für die Mediziner unter den geneigten Lesern: So sieht eine Meerjungfrau von innen aus.
Nicht weit entfernt von Coupeville liegt der Price Sculpture Forest. Der Park war ursprünglich das Grundstück von Scott Price. Er hat daraus einen kostenlosen Skulpturenpark gemacht. Man kann auf einem einen Kilometer langen Rundweg diverse Kunstinstallationen bewundern. Zu jeder Skulptur gibt es zumindest einen Namen.
Viele der Objekte sind dadurch leicht verständlich.
Der herabstürzende Adler wäre auch ohne Schild zu verstehen gewesen, ebenso der Thyrannosaurus Rex. Der Typ in seinem Mund stand nicht auf dem Schild. Und ich bin froh, dass er nicht zugebissen hat.
Auch ein Baby-T-Rex kann einem den Tag versauen.
Bei manchen Installationen steht man vor dem Schild und fragt sich: Was will uns der Künstler damit sagen?
Als letztes Ziel visierten wir an der Westküste den Fort Ebey State Park an, etwa 5 km westlich von Coupeville.
Das Fort wurde ursprünglich 1942 während des Zweiten Weltkriegs als Küstenverteidigungsfort errichtet.
Heute ist es ein State Park mit Wanderwegen, Picknickplätzen, Camping und alten Militärbunkern, die man besichtigen kann. Und natürlich auch für spektakuläre Ausblicke auf den Puget Sound und die Olympic Mountains.
Den ersten Stop machten wir an einem tiefergelegenen Teil des Parks, so dass wir bequem zum Strand laufen konnten.
Aber uns erschien es verlockender, an einem höhergelegenen Punkt auf den Sonnenuntergang zu warten.
Während sich die Sonne langsam zum Horizont zuneigte, saßen wir einfach nur auf einer Bank und schauten nach Westen. Hier zeigen sich im Nebel die Berge der Olympischen Halbinsel, uns gegenüber liegt vermutlich Sequim.
Ein Kreuzfahrtschiff zog von Seattle aus Richtung offenes Meer, die Wolkenformationen wurden immer schöner. Obwohl Linsenwolken ja eigentlich schlechtes Wetter verheißen.
Ob das wahr ist? Jedenfalls war die Sonne am Horizont hinter den Wolken verschwunden und strahlte die im Vordergrund liegenden von hinten an. Eine herrliche Stimmung und wir saßen auf unserer Aussichtsbank total alleine.
Einzig eine Fotografin mit ihrem Model versuchte, das Licht auszunutzen. Nicht meine Baustelle. Nicht heute.
Als das Licht dann nichts mehr hergab, brauchten wir ca. 20 Minuten nach Hause. Es gab Tikki Masalla mit Nudeln. Lecker.