Ade Aberdeen. Unser Hotel hat uns gut gefallen und Aberdeen hat auch sympathische Ecken, wie ich gleich zeigen werde. Für die nächsten Tage werden wir uns im absoluten Süden Washingtons und ein wenig im Norden Oregons aufhalten. Dafür wäre eigentlich ein Hotel in Astoria gut oder besser geeignet, aber da dort fast der doppelte Preis wie in Long Beach aufgerufen wird, halten wir es für besser, ein wenig Fahrerei durch schöne Landschaft auf uns zu nehmen.
Vorher springen wir noch beim gegenüberliegenden Walmart rein, um uns mit Nahrungsmitteln für den heutigen Tag einzudecken. Auf dem Weg zur Tankstelle hatte ich bei Google Maps etwas von „Kurt Cobain childhood house“ gesehen. Dieser Rocksänger, der zum Klub der 27 gehört, hat hier wohl seine nicht gerade glückliche Kindheit und Jugend verbracht.

Das Häuschen ist ein ganz normales, wie man es zu hunderten in den Straßen sehen kann.
Wir nutzen die Gelegenheit, um durch diesen Vorort zu kurven und ein paar von diesen Häuschen abzulichten.

Auch sonst macht dieser Teil der Stadt einen gutbürgerlichen Eindruck.
Etwas weiter im Stadtzentrum sieht man auf einer der Hauptstraßen verlassene alte Steingebäude, wie sie zu Hochzeiten der Stadt in Benutzung waren und bestimmt besser ausgesehen haben.

Manche sind gut renoviert wie im folgenden Bild die St. Mary School. Aber das ist eher die Ausnahme.

Und Brücken hat es zu Hauf in dieser Stadt. Eine hatte ich ja gestern Abend schon vorgestellt, heute ging es über eine weitere zu unserem nächsten Tagesziel.

Das ist West Harbour, quasi die südliche Eingangspforte zum Grays Harbour, der großen Bucht, an deren Ende Aberdeen liegt.
Ca. eine Stunde ist man dahin unterwegs, durch Holzplantagen, an Dörfern vorbei, bis man vor einem recht großen Fischereihafen steht. Dort hat man rücksichtsvollerweise einen Aussichtsturm aufgebaut, damit die Touristen schnell und unkompliziert einen Überblick bekommen.

Wir blicken in die Runde, zum einen auf den Hafen.

In der anderen Richtung geht es ins offene Meer, die Wellen brechen mit brachialer Gewalt an die Buhnen.
Etwas weiter in Richtung Hafen stellen wir direkt an den Kais den Wagen ab und spazieren gemütlich über die Stege. Alles ist offen, keiner fragt irgendwas, man wird freundlich gegrüßt. Offensichtlich hat der Tourismus hier noch keine Schäden hinterlassen.
Gegenüber auf einem der Anlegestege räkeln sich diverse Sea Lions, ihr Gebrüll klingt deutlich zu uns herüber.

Beim Blick zurück Hafenromantik pur, ob die Fischer, die das hier berufsmäßig betreiben, auch so sehen, lasse ich mal dahingestellt.

Jedenfalls können wir auf diesen Stegen fast einen halben Kilometer bis zur Hafeneinfahrt laufen und begegnen immer wieder Krabbenfischern, die mit gekonntem Schwung eine Angel auswerfen. Am Ende der Schnur ist aber nicht einfach nur ein Angelhaken befestigt, sondern ein Metallkorb, in dem sich Hühnergebein mit Fleisch dran befindet. Wir beobachten einen der Fischer, der gerade einen solchen Köder aus dem Wasser zieht. Drei Krebse haben sich festgebissen. Sie werden mittels einer Schablone nachgemessen und wenn sie zu klein sind, landen sie wieder im Wasser.
Wir sprechen mit einem der Angler, der in seinem Eimer schon ganz gute Beute angesammelt hat. Bis zu sechs Stück darf er pro Tag rausholen und pro Tier gibt es dann ein halbes Pfund „Fleisch“. Anscheinend immer noch billiger, als es im Laden zu kaufen.

Wir schlendern gemütlich in der Sonne zurück, es ist leicht windig, aber nicht unangenehm. In der Nähe des Autos setzen wir uns auf eine Aussichtsplattform und genießen von dem Essen, das wir bei Walmart gekauft haben.
Ich nutze die Gelegenheit, auf die vorbeifliegenden Pelikane zu halten.

Dann geht es wieder auf die Piste. Zuerst am Marine Museum vorbei, ein schönes altes Gebäude, welches in krassem Kontrast zu den benachbarten Industriegebäuden steht.

Eine halbe Meile weiter wartet ein Leuchtturm auf uns, aber wir halten nur für ein Foto an. Und werden dabei von einem älteren Ehepaar angesprochen: Wir hätten ja eine lange Fahrt hinter uns, von Florida. Aber wir konnten aufklären, dass es ein Rental car mit einem Kennzeichen aus dem Sunshine State ist. Als die Lady erfuhr, dass wir aus Deutschland kommen, entfuhr ihr ein „ich bin aus der Schweiz“, was ich dann mit einem Gruezi kontern konnte. Ja, ich bin sehr sprachbegabt.

Jetzt aber los nach Long Beach. Die Landschaft ist mehr oder weniger eintönig, aber schön, wir überqueren mehrere Flüsse und zockeln immer hinter einer Motorrad Gang her, wahrscheinlich Wild Hogs. Wir durchqueren Dörfer (oder Städte) mit Namen Raymond und South Bend, von denen ich noch nie gehört habe.

Am Hotel angekommen steigen die Biker gerade von ihren Drahteseln. Wir beeilen uns, vor ihnen an der Rezeption zu sein, denn das könnte dauern.
Eine kleine Pause gönnen wir uns, dann geht es noch einmal los zum Cape Disappointment.
Dies liegt an der Mündung des Columbia River (Grenze zwischen Washington & Oregon). Es bekam seinen Namen schon 1788, als der britische Kapitän John Meares (nach dem das gleichnamige Kap in Oregon benamst ist) dort vergeblich nach der Flussmündung suchte. Er fuhr enttäuscht wieder weg – und taufte den Ort gleich passend.
Die Mündung des Columbia River gilt als eine der gefährlichsten der Welt, weil sich vor dem Ausgang Sandbänke (Bars) befinden, die sich durch Strömungen verlagern und Schiffe dadurch stranden können.
Auf der Spitze des Capes liegt das Fort Canby. Es wurde ab 1863 während des Amerikanischen Bürgerkriegs errichet und ist Teil eines Systems mit Fort Stevens (Oregon) und Fort Columbia (Washington). Diese drei Festungen zusammen bildeten die „Triangle of Fire“.

Sie waren mit schweren Küstenkanonen ausgestattet, die jedes Schiff, das unerlaubt in die Flussmündung wollte, unter Kreuzfeuer nehmen konnten.
Ironischer Fun Fact: Kein einziger Schuss wurde jemals im Kampf abgefeuert. Die Wehranlagen waren also eher Abschreckung als tatsächliche „Action-Bühne“.
Uns interessierte der Leuchtturm (das Cape Disappointment Lighthouse) und die untergehende Sonne.

Der Leuchtturm steht wunderbar auf einem Felsen und schaut nach Astoria in Oregon.
Kurz nach diesem Foto ging die Sonne bei klarem Himmel unter, ein Schauspiel, welches wir komplett alleine genießen konnten.

Als die Sonne dann hinter dem Horizont verschwunden war, setzten wir uns ins Auto und fuhren vorsichtig zum North Head Lighthouse. Dort gibt es die North Head Lighthouse Keeper’s Residence, schön restaurierte Gebäude, in denen man anscheinend sogar übernachten kann. Rehe kreuzen unseren Weg, es wird immer dunkler. Dann taucht vor uns der Leuchtturm auf, er ist sogar in Aktion.
Ein letztes Foto im schwindenden Tageslicht und wir rollen vorsichtig den Berg runter und zum Hotel.

so dass wir den gut gemeinten Ratschlag in den Wind schlugen (so es denn welchen gegeben hätte) und fuhren dann doch wieder zu einem Dorf namens Hagen, wo es einen großen Parkplatz gibt. Und für lumpige 30 Euro bekommt man einen Parkplatz, einen Bustransfer hin und zurück sowie auch den Eintritt in den Nationalpark. Von der Zeitökonomie nicht zu verachten. So kann man sich länger dort aufhalten und auch ggf. anschließend noch ein anderes Ziel anfahren.
Eine junge Dame sorgte dafür, dass die Aussichtsplattform immer nur von einer begrenzten Menge an Menschen betreten wurde.
Wir wollten die Küstenregion noch ein wenig weiter erforschen und wandten uns in Richtung Sassnitz auf dem Höhenuferweg. Wir hatten die Hoffnung, dort noch mehr Ausblicke auf die Felsen zu bekommen. Leider war dies aus zweierlei Gründen nicht oder nur schlecht möglich. 1. führt der Weg durch einen schönen Buchenwald, meistens etwas entfernt von der Küste und 2. machte der Nebel an der Waterkant den Blick nach unten fast unmöglich. Ab und zu konnte man durch eine kleine Lücke ein Stück der Felsen sehen.
Auf der Höhe des Kolliker Bachs drang dann die Sonne durch den Nebel und die Bäume, ein mystisches Bild.
Wir waren mittlerweile ca. 4 km gelaufen, über Stock und Stein und hätten auch die gleiche Strecke wieder zurücklaufen müssen.
Dort muss man den Wagen stehen lassen und dann sich dann auf den Weg durch das Dorf machen.
Wir entschieden uns in Downtown für einen Schwenk nach rechts, um das Dorf Vitt zu erkunden und von dort an der Küste entlang zum Kap Arkona zu laufen.
Das sind noch einige zusätzliche Kilomenter, aber wir waren (noch) voll Energie. Etwas über 1 km hinter Putgarten geht es dann den Berg runter bis auf Meereshöhe, wo ein zauberhaftes kleines Dorf liegt mit ca. 10 Häusern. Fast alle mit Riet gedeckt und einige auf den Tourismus vorbereitet.
Fischerei wird hier anscheinend auch noch betrieben.
Der Weg zum Kap führt dann logischerweise wieder nach oben via Treppe. Stellenweise versperrt dichter Nebel die Sicht. An einer Stelle führt eine weitere Treppe dann die Steilküste hinunter. Oben sitzende Wanderer warnten uns vor, das es 110 Stufen seien, sehr unbequem zu laufen und anstrengend. Ich versuchte, einen Rücktransport zu organisieren, aber von den anderen Leuten hatte gerade keiner eine Sänfte dabei. Also selbst ist der Mann.
Unten angekommen, erwartete uns ein Küstenstreifen (Strand kann man das nicht nennen), der über und über mit Obsidianbrocken bedeckt war. An einer Stelle – dem Kap – kam auch die weiße Steilküste raus. War schon ein bisschen wie in Oregon oder an der Washington Coast.
Oben angekommen kurz unter das Sauerstoffzelt, dann ging es dann schön flach – auch für Fahrräder geeignet – weiter bis zum ersten Turm, dem Peilturm von Kap Arkona. Dort konnte man sich mit touristischen Nutzlosigkeiten eindecken, was nicht unser Ziel war.
Wir liefen weiter am Leuchtturm vorbei bis zur Treppe vom Siebenschneiderstein.
Die Treppe selbst schenkten wir uns, da sich die vorangegangenen Kilometer so langsam in den Knochen bemerkbar machten. Und wir mussten ja noch über zwei Kilometer zum Parkplatz zurück.
Auf dem Rückweg noch die Gelegenheit genutzt, eine der Leuchttonnen im Gegenlicht abzulichten und dann fielen wir ziemlich erschöpft in die Sitze unseres Autos. Selten hat das so gut getan. Schließlich waren wir heute ca. 15 km zu Fuß unterwegs.
Wieder ein wunderschöner Tag zu Ende.





































































