Jetzt hat uns das Washingtoner Wetter entgültig erwischt. War es gestern bedeckt mit partiell sonnigen Abschnitten, war heute morgen der Parkplatz nass und es fiel feucht vom Himmel. Endlich kann ich das mitgebrachte Rostschutzmittel einsetzen und den Sonnenschutz wegpacken.
Aber was macht man, wenn Regen, Regen und noch mehr Regen angekündigt ist? Am Strand baden kommt mir nicht in den Sinn. Da bleiben wir lieber hinter der Windschutzscheibe unseres Autos verborgen und schauen uns weitere Teile der Insel an.
Und beginnen mit Oak Harbour. Da wir mehrfach den Ortskern passiert haben, sind uns die Schilder zum Windjammer Park aufgefallen. Das klingt nach Seglerromantik, Hamburger Hafen oder zumindest Rostock, Fernweh und Shanties. Aber weit gefehlt. Als wir auf dem Parkplatz zum stehen kommen, erwartet uns ein stinknormaler Beachpark, weder von Wind noch großartigem Seglergejammer die Spur. Ich bin ein bisschen enttäuscht. Aber vielleicht meinen die Amis mit Windjammer ja etwas anderes als wir Deutschen?

Aber zumindest die öffentlichen Toiletten entsprechen dem typischen deutschen Standard: Am besten nicht benutzen, oder nur im Vollschutzanzug.
Gut, der Windjammerpark ist nicht Oak Harbour. Geben wir der Lokalität (ich weiß nicht, ob ich Stadt oder Ort dazu sagen soll) eine Chance. Wir landen schnell auf der Hauptstraße durch das historische Oak Harbour, dem SE Pioneer Way. Hier reihen sich alte Steinhäuser aneinander.

Aufgrund der frühen Stunde, dem Wetter und der Tatsache, dass Montag ist, finden wir schnell einen Parkplatz. Und wie man sieht, ist der Tourismus überschaubar.

Sehr viele Kunstläden buhlen um die Gunst der Kunden, aber sie sind nicht die Haupteinahmequelle der hiesigen Bevölkerung.
Da mich genau diese Frage schon seit einigen Tagen quälte, fragte ich die Hotelmanagerin, wovon hier die Leute leben. Die Antwort: Die Naval Base ist ein großer Arbeitgeber, daneben kommen Farmwirtschaft und auch Tourismus. Als wir am Abend in unser Hotel zurückkehrten, stand mit uns im Aufzug ein nach Arbeit aussehender junger Mann mit einer Papiertüte in der Hand. Ich vermutete etwas aus einem Fast Food Tempel. Er meinte nur, er wäre für vier Wochen in diesem Hotel und hätte normale Lebensmittel eingekauft. Es können also auch andere die Mikrowelle und den Kühlschrank bedienen. Ok, wofür wären sie sonst in fast jedem Hotelzimmer zu finden.
Es ging weiter zum Yachthafen, wo einige recht nette Pötte am Kai lagen. Interessant das „Regal“ mit den Schwimmwesten, die für die Kinder kostenlos zum Ausleihen dort aushängen.

In der Hoffnung, dass vernünftige Eltern sie auch benutzen. An einer der Segelyachten ein Anker, den ich eher einer ehemals versunkenen Galeere zugeordnet hätte.

Wir fahren über Land weiter und erfreuen uns an den vielen schönen Häusern, die sehr gepflegt mit Vorgärten und häufig sehr hohen Zäunen an den Straßen stehen. Die Zäune sollen vor den vielen Rehen schützen, die sich teilweise ungeniert über das Grün am Straßenrand und in den Vorgärten hermachen.

Ich glaube, dass uns diese Insel so gemütlich, heimatlich?, verträumt vorkommt, weil hier die Straßen und Häuser zwar auch, aber nicht so streng nach Schachbrettmuster wie in manch anderer amerikanischen Stadt angeordnet sind.
Unser nächstes Ziel ist Fort Casey, welches an der Westküste, ganz in der Nähe der von Port Townsend kommenden Fähre liegt.

Hier gibt es das Admiralty Head Lighthouse. Es wurde 1861 aus Holz und Backstein gebaut und 1903 neu aus Beton, damit die Erschütterungen der nahegelegenen Kanonen von Fort Casey die Struktur nicht beschädigen.
Es wurde genutzt, um Schiffe durch den Admiralty Inlet (Eingang zum Puget Sound) zu navigieren. 1922 wurde es deaktiviert, weil moderne Navigationssysteme und ein neuerer Leuchtturm übernahmen. Der Turm ist einer der wenigen Leuchttürme in den USA mit spanisch inspiriertem Baustil (weiße Wände, rote Ziegeldächer).
Wir konnten in dem kleinen Museum unter anderem die große Fresnel-Linse besichtigen, die dazu dient, das Licht nicht kegelförmig, sondern in einem gerichteten Strahl auszusenden.

Auch den Turm kann man besteigen und hat eine ein bisschen bessere Sicht in Richtung Port Townsend und den Puget Sound. Hätte man, wenn das Wetter nicht so besch… gewesen wäre.

Von den Fort-Anlagen sieht man im Endeffekt das Gleiche, so zum Beispiel ein gerade auslaufendes Kreuzfahrschiff, die Quantum of the Seas.

Schiffe gucken macht hungrig und so verzehrten wir erstmal im Auto sitzend Kartoffelsalat und Brot mit Artichocken-Jalapeno-Dip. Ob das die Karnickel angelockt hat, weiß ich nicht.

Jedenfalls tummelten sie sich ungeniert vor unserem Auto. Gut gesättigt und nach einem angemessenen Verdauungsschläfchen ging es dann zum Rundgang über die Batterien.

Imposant die Geschütze, die mir ca. 80 kg Pulver und einem entsprechenden Geschoss geladen werden.

Interessanter fand ich, dass gerade vor unseren Augen die Fähre einlief, die wir kürzlich benutzt hatten.

Das nächste und auch letzte Tagesziel war dann die Greenbank Farm, in etwa ähnlich dem, was man in Deutschland auch von Erlebnisbauernhöfen kennt.

Der Regen hatte mittlerweile zugenommen und wir fuhren zwar noch nach Freeland, etwas weiter südlich, aber das Aussteigen lohnte sich nicht mehr.
Ab nach Hause, wir können schon probeweise Koffer packen, im Moment haben wir die Zeit dazu.

Wir kämpften uns durch den Wind und den Regen bis zur Südspitze von Brier Island, um den dortigen Leuchtturm zu umrunden.
Echt aufregend, vor allen Dingen, wenn Dir der Wind dermaßen stark entgegenbläst, dass Du Dich mit vollem Körpergewicht (und das will bei mir was heißen) dagegenlehnen kannst.
Auf dem Rückweg sahen wir mal, wie stark der Wind sein kann: Selbst Kühe werden total verstrubbelt.
Kurz danach lief uns ein Minischwein über den Weg. Sachen gibts. Dabei heißt es doch in Norddeutschland erst dann Sturm, wenn die Schafe keine Locken mehr tragen.
Auch der Hafen klein, schnuckelig und gut vor den Elementen geschützt.
Die Fähre kam relativ schnell (sie fährt jeweils zur vollen Stunde von Ost nach West und jeweils 25 nach in die Gegenrichtung).
Auf dem Rückweg durch Long Island hatten wir endlich die Gelegenheit zu einer etwas längeren Wanderung: Es gibt dort (analog zum Arches National Park) einen balancierenden Felsen. In den USA heißt er Balanced Rock, hier Balancing Rock. Nach ca. 1 Kilometer durch feuchten Nadelwald geht es 253 Stufen nach unten, bis man vor einer wilden Felsenküste aus Basalt steht.
Wer von Euch mal Harry Potter und die Jagd nach den Horkruxen gesehen hat, wird unwillkürlich bei diesem Anblick daran denken. Kommentar von K.: Das hatte ich so nicht erwartet.
Und dass der einsame Felsen bei dem Sturm immer noch steht, ist schon ein Wunder. Wir haben uns jedenfalls vorsichtshalber NICHT dagegengelehnt.
Beim Leuchtturm selbst wehte der Wind so stark, dass mir beinahe die Tür beim Öffnen aus der Hand gerissen wurde (damit hatte keiner von uns gerechnet).
Schließlich stellten wir uns parallel zur Leitplanke am Abgrund auf und sahen zu, wie die Wellen meterhoch an die Küste brandeten.






















































