18.03.2025 – Bryce Canyon im Schnee

Der Vorteil einer mitgenommenen Telefonnummer ist, dass man jederzeit erreichbar ist. Der Nachteil einer mitgenommenen Nummer ist, dass man jederzeit erreichbar ist. So geschehen durch einen Spam-Anrufer, der uns um 3 Uhr in der Nacht weckte. Leider gibt es Gründe, warum wir das Telefon nicht nachts ausschalten können.

Aber wenn ich schon einmal wach bin, kann ich auch aus dem Fenster schauen. Und da sah ich das, was der Wetterbericht prognostiziert hatte: Dichtes Schneetreiben. Die Autos vor unserer Scheibe waren mit einer 10 cm hohen Schneeschicht bedeckt. Endlich war Karins Wunsch in Erfüllung gegangen: Bryce Canyon im Schnee.

Wir legten uns in freudiger Erwartung wieder hin, denn Frühstück gibt es erst ab 6.30 Uhr. So früh haben wir es dann doch nicht geschafft, aber immerhin saßen wir um 8 Uhr am Fenster des Restaurants und guckten verträumt in die Schneelandschaft. Nur: Bei dem Schneetreiben ist die Sicht einfach nur mies. Was ist noch zu erledigen? Schon seit einigen Tagen hatte unser Wagen gemeldet, dass die Lebensdauer des Motoröls auf mittlerweile 5% abgesunken war. Ein ähnliches Schicksal hatte den Vorrat an sauberer Wäsche ereilt. Also telefonierten wir als erstes mit einem Vertreter von Alamo, um eine Genehmigung für einen Ölwechsel zu bekommen. Der gute Mann (Mitarbeiter einer AUTO-Vermietung) checkte eine ganze Weile nicht, was wir von ihm wollten und schlug uns vor, wir mögen doch einfach den Wagen tauschen. Klasse Idee. Die Alamo-Vermietstationen am Bryce Canyon sind hier üppig verteilt und wir wollen auch unbedingt einen anderen Wagen haben (Sarkasmus Ende). Wir einigten uns schließlich darauf, dass wir in der gegenüberliegenden Werkstatt vorbeifahren, dort den Ölwechsel machen lassen und uns das Geld erstatten lassen. Aber dazu müssen wir erstmal die Scheibe eisfrei bekommen. Der Schneesturm heute nacht hatte eine gefrorene Eisschicht auf der Frontscheibe hinterlassen. Als ich mich behelfsmäßig mit einem harten Plastikgegenstand an die Entfernung machte (der Wagen ist groß und hoch), sah das ein Servicemitarbeiter des Hotels, der gerade neben uns parkte und lieh mir einen vernünftigen Eiskratzer aus.

Während Karin sich von der drehenden Waschmaschinentrommel hypnotisieren ließ, wechselte ich mit unserem Dicken die Straßenseite und trug einem Mitarbeiter, einem erfahrenen Oldie, unseren Wunsch vor. Der zog einfach nur den Ölstab aus dem Motor und stellte fest: Da fehlt Öl. Goss einen Liter nach und wir waren wieder im grünen Bereich. Für weniger als 9 USD können wir beruhigt weiterfahren. OK, ich hätte die Warnanzeige auch selbst resetten können. Aber dann wären wir vielleicht irgendwann trocken gefahren.

Mittlerweile ließ sich auch der blaue Himmel stellenweise blicken und wir beschlossen, so weit wie möglich in den Park hineinzufahren.

Nach der Abfahrt zum Bryce- und Inspirationpoint war die Straße gesperrt, also suchten wir ersteren auf.

Schön dick angezogen, der Wind pfiff uns heftig und eisig kalt um die Ohren, standen wir zeitweilig komplett alleine an der Kante und hofften, dass die Sonnenstrahlen von soeben auch nach hierhin durchdringen mögen.

Na ja, der gute Wille zählt. Fahren wir einfach wieder zurück zum Sunset oder Sunrise Point.

Am Sunset Point geht der Navajo Trail los, den wollte sich meine Göttergattin nicht antun. Aber den Queens Garden Trail, welcher vom Sunrise Point losgeht, auch nicht so recht. Vor allen Dingen wegen der Rutschgefahr, die ihrem Knöchel ein böses Ende hätte bescheren können.

Also fuhren wir „mal eben“ zurück zum Ruby’s Inn und liehen uns dort zwei Sätze Spikes aus. Da es schon nach Mittag war, beliefen sich die gesamten Kosten auf gerade 14 USD.

Zurück zum Sunrise Point. Dort (und nicht schon im Auto) schnallten wir uns die Anti-Rutsch-Schneeketten um und machten uns auf den Weg.

Diese Dinger waren für meine Göttergattin echte Gamechanger. Fröhlich und sicheren Fußes trabte sie über Matsch und Eisplatten und konnte richtig gut die Landschaft genießen.

Und die sah dank des Schneefalls in der Nacht und dem immer häufiger durchkommenden Sonnenschein einfach nur toll aus.

Tiefer und tiefer schraubte sich der Weg, vorbei an leuchtenden Hoodoos,

bis wir den Talgrund erreicht hatten.

Von dort ging der Blick immer nach oben, genau wie der Weg.

Wir hätten jetzt einfach umkehren können, aber wir sind ja echte Draufgänger und konditionell fit wie zwei Marathonläufer zusammen.

Obwohl der Weg im Tal deutlich langweiliger war als durch die Hoodoos nach unten, beschlossen wir, auf die Navajo Loop (wir erinnern uns, sie startet am Sunset Point) einzulenken und dort nach oben zu laufen.

Hier steht man plötzlich vor einem gewaltigen roten Gebirge und irgendwo gibt es eine Spalte, durch die der Weg nach oben verläuft.

Als besonderes Schmankerl (auch um es für die jüngeren Besucher interessanter zu machen) gibt es den Ausblick auf die Two Bridges. Auf deutsch hieße das vermutlich Zweibrücken.

Und dann geht es schon in die Serpentinen. Rauf, rauf und nochmal rauf. Gut, dass wir die Spikes anhatten. So konnten wir gemütlich an vielen anderen vorbeiziehen, die sich gefährlich schliddernd in Sneakern an einem Geländer nach unten hangelten.

Dann endlich war der Rim erreicht. Ich zog meine Spikes aus, denn den Weg zum Sunrise Point traute ich mir auch ohne zu. Ein weiterer Vorteil dieser Hilfskontruktion war, dass die Schuhe selbst nicht so tief in den Schnee und vor allen Dingen Matsch einsunken. Als Folge war auch keine großartige Reinigungsaktion nötig.

Am Rim entlang noch ein vielleicht letzter Blick auf die roten Steine und wir rollen mit dem Auto zurück zum Hotel. Noch einmal tanken (Preis 3,199 USD/Ga) und wir parken vor dem Hotel ein. Ich ziehe meine Wanderschuhe aus und meine Winter Flip Flops an und damit und den Ketten in der Hand latschen wir zur Rückgabe der Spikes. Als ich sage, dass die Dinger perfekt waren, nur zum Schluss an den nackten Füßen ein wenig weh taten, ernte ich nur einen ungläubigen Blick.

Wir sind beide ziemlich geschafft, haben wir bei der Kälte – es war meistens um den Gefrierpunkt und drunter – knapp 6 Kilometer (und auf Wunsch meiner Göttergattin ergänzt: 197 Höhenmeter) gelaufen. Also setzen wir uns gemütlich vor das Kaminfeuer in der Lobby, bis auch das zu anstrengend wir (bzw. der Akku meines Handy fast leer ist).

Im Zimmer fallen wir erstmal aufs Bett und schließen für einen Augenblick die Augen.

Als Belohnung für unsere körperliche Anstrengung gibt es heute Nudeln mit Chicken Vindaloo, angenehm scharf und einfach köstlich.