21.09.2025 – Entschleunigen an der Oregonküste

Heute nacht hat es geregnet, der Parkplatz ist nass. Das ist ein deutlich besserer Zustand als das, was uns die Wetter-Apps prophezeit hatten: Sonntag Regen. Und das durchgehend. Also ich verlasse mich lieber auf die App namens Fenster. Sie gibt mir zuverlässig den aktuellen Stand des Wetters an.

Wir wollen heute nach Süden, wenigstens nach Depoe Bay, dort soll es Wale geben.

Aber wir kommen nicht weit. Am Ausfluss des Siletz River, unweit des Taft Disctricts, stehen wie schon seit Urzeiten diese drei Felsen dekorativ in der Morgensonne. Wie üblich hängen Stromkabel davor, was mich in der Vergangenheit immer davon abgehalten hat, diese Steinblöcke aus genau diesem Winkel zu fotografieren. Aber wozu gibt es in Lightroom mittlerweile KI? Schauen wir mal, was sie in diesem Punkt zu leisten imstande ist.

Und siehe da, die beiden fetten Stromkabel sind weg. Dann können wir auch weiterfahren.

Das nächste Mal werden wir aufgehalten durch den Boiler Bay Scenic Viewpoint. Zum Einen soll man dort Wale sehen können, aber der Blick in die umgebende Küstenlandschaft ist noch viel eindrucksvoller (und häufiger zu sehen, wenn nicht gerade Küstennebel vorherrscht).

Wild ist die Küste, die Wellen brechen mit ungerheurer Wucht an den Felsen und benetzen stellenweise Besucher, die zu nahe am Rand stehen.

Selbstgewähltes Schicksal, kann ich da nur sagen. Gut, dass ich mit einem Teleobjektiv agieren kann.

Dann haben wir uns sattgesehen und es geht ein kurzes Stückchen weiter nach Depoe Bay, der Stadt mit dem kleinsten Hafen und Ausgangspunkt für viele Walbesichtigungstouren.

Wir finden direkt an der Hauptstraße einen Parkplatz und schlendern an der Kaimauer zum Walzentrum. Dort stehen diverse Freiwillige und geben neugierigen Touristen sehr geduldig Antwort auf alle klugen und nicht so klugen Fragen.

Und weisen immer wieder auf Wale hin, die sich mal näher, mal weniger nahe der Küste tummeln. Offensichtlich sind es die von der cleveren Sorte, die gar nicht erst die große Wanderung nach Alaska antreten, sondern direkt hier vor Ort bleiben. Dort gibt es zwar die Touristen, aber die scheinen nicht besonders nervig zu sein.

Wir überlegen kurzzeitig, ob wir in einem Kodiac-Schlauchboot oder vielleicht doch besser in einem größeren Kahn eine Waltour mitmachen, entschließen uns aber aus zwei Gründen dagegen: Erstens ist die See ziemlich rauh und mein Frühstück hat mir heute morgen zu gut geschmeckt, als dass ich es mit den Fischen teilen möchte. Zweitens scheinen die Grauwale hier nicht solche Showrunner zu sein, dass sie die Köpfe rausstrecken oder gar springen wie wir es in Monterey erlebt haben.

Und mit einem dicken Tele und etwas Nachbearbeitung kommt man auch in den Genuß von halbwegs guten Fotos.

Sogar die hochgereckte Fluke (ist das der Mittelfinger bei Walen?) zeigen diese possierlichen Tierchen.

Wir verbringen mehrere Stunden auf unseren sonnendurchfluteten Plätzen und können uns gar nicht satt sehen. Auch das gehört zu Erholung.

Zwischendurch auch mal auf einen Felsen halten, der immer wieder von sehr hohen und sehr wilden Wellen heimgesucht wird und diese mit stoischer Ruhe erträgt. Fels in der Brandung müsste man sein.

Schließlich schaffen wir es doch, wieder zum Auto zu kommen und rollen ein paar Meilen weiter zum Rocky Creek State Scenic Viewpoint.

Eine ähnliche Kulisse wie in Boiler Bay tut sich auf, aber doch irgendwie anders.

Und so sieht man aus, wenn Entschleunigung langsam einsetzt.

Laaaangsam (um die Entschleunigung nicht zu gefährden) rollen wir weiter Richtung Süden. Die Sonne hat einer dicken Erbsensuppe Platz gemacht (bzw. dringt nicht mehr durch), als wir am Yaquina Head Lighthouse versuchen, den Leuchtturm zu sehen und vielleicht sogar zu fotografieren.

Nun, da wir schonmal hier sind, können wir auch eine kurze Mittagspause auf einer Bank mit toller Aussicht machen.

In Anbetracht der schlechten Sicht beschließen wir, keine weiteren Aussichtspunkte anzufahren. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass es zwei Meilen weiter südlich einen Walmart hat. Hier frischen wir unsere Vorräte auf und drehen dann entgültig das Steuer Richtung Norden.

Etwas nördlich von Depoe Bay liegt die Piratenbucht, Pirate Cove. In einem hübschen Wohngebiet gibt es zwei öffentliche Parkplätze, von denen wir einen in Beschlag nehmen und uns die Bucht kurz anschauen.

Auch hübsch. Jetzt sollten aber keine weiteren Unterbrechungen mehr dazwischen kommen. Und wir schaffen es wirklich, direkt nach Lincoln City durchzufahren und in den Grocery Outlet einzufallen. Auch hier holen wir ein paar Lebensmittel und düsen dann zur letzten Entschleunigung des Tages wieder zum Taft District, um unsere Sammlung von Achaten zu ergänzen. Obwohl wir gestern da waren und obwohl zig Sammler dort den ganzen Tag suchenden Auges unterwegs sind, findet man immer wieder mal größere, mal kleinere Steinchen.

Gegenüber räkeln sich wieder die Seehunde, die Seals und lassen sich von den Anglern nicht stören.

Sie sind sogar ausgesprochen neugierig und kommen für meinen Geschmack den Anglern stellenweise recht nah.

Auch an diesem Abend geht wieder die Sonne unter. Golden gelb senkt sich der Ball langsam gen Horizont.

Dieses Mal verschwindet sie hinter den Wolken, bevor sie entgültig untergeht.

Wir verlassen wieder ganz entschleunigt den Strand, um die paar Meter zu unserem Hotel zu fahren und das Abendessen zu genießen.

Mission completet, Entschleunigung durchgeführt (zumindest für heute).

11.10.2018 – Fahrt von Marina nach Morro Bay

Heute steht uns ein langer Küstenstreifen bevor. Wir wollen von Marina in der Nähe von Monterey herunterfahren bis nach Morro Bay. Einer der schönsten und wildesten Abschnitte der kalifornischen Küste. Die Pfeiffer-Big Sur-Coast.

Unser in Strandnähe gelegenes Hotel hätten wir gerne noch länger bewohnt, das Zimmer war schön groß und es war (obwohl nahe am Highway) auch leise.

Das Frühstück war eine ganz leichte Enttäuschung: Es gab weder Rührei noch Schinken, nur Bisquits und Gravy. Über die Sauce hatte ich mich in vorigen Urlauben schon ausgelassen, sie wurde in den letzten Jahren nicht besser.

Bevor es losgeht, noch einen Blick auf den morgendlichen Strand, es ist herrlich, an der Brandung zu stehen, auf die Vögel und die Wellen zu schauen und dann – ein Aufschrei von der besten Delfinkundlerin von allen – auch noch die putzigen Kerlchen zu sehen, wie sie durchs Wasser hüpften.

Irgendwann schaffte ich es dann doch, die Dame an meiner Seite vom Wasser loszureißen (vermutlich, weil die Delfine mittlerweile meilenweit weg waren) und in den Wagen zu verfrachten.

Es ging weiter, diesmal über die Cannery Row in Monterey

an der Küste entlang. Pacific Grove ist ein hübsches Nest südlich von Monterey und ich könnte mir fast vorstellen, dort mal eine Woche in einem Ferienhaus (nach Möglichkeit mit Rädern) zu verbringen.

Nächstes Ziel direkt südlich ist Carmel. Hier hatte Clint Eastwood mal einen Job als Bürgermeister angenommen. Mittlerweile hat sich das Dorf zu einem  High-Society Treffpunkt gemausert mit teuren Geschäften und der zugehörigen Klientel,

einem schönen Strand

und netten Häusern, wie man sie häufig an der Küste findet.

Auf dem Weg aus der Stadt heraus ein Schild, welches uns beide erstaunte: Kreuzende Hirsche und Pferde kannten wir ja, aber Schweine?

Wieder ein Stückchen weiter südlich (wir tasten uns so langsam vor) liegt der Point Lobos Statepark. Hier gönnten wir uns mal 10 USD als Eintritt und erfuhren, dass dieser Tagespass für alle Stateparks an Küste gelten würde. Hört sich gut an, Geld gespart.

Im Park gibt es einen schönen Blick auf eine Seelöwenkolonie (die weit genug entfernt war, dass man sie sehen und hören, aber nicht riechen konnte).

Pelikane gab es dort auch zu Hauf.

Schnurstracks ging es weiter südlich an der Küste entlang auf dem Highway 1 und wir versuchten, nicht an jedem Turnout rauszufahren und ein Foto zu machen (bzw. ich versuchte mich, gegen meine Beifahrerin durchzusetzen, weil wir noch vor Ablauf des nächsten Tages unser Hotel erreichen wollten). An einer Ausfahrt hatten sich sehr viele Autos angesammelt und ich konnte nicht gegen den Widerstand von rechts ankämpfen. Was auch gut war, denn von der Kante aus konnten wir die ersten Wale sehen.

OK, nicht richtig gut, aber mit etwas Fantasie sieht man den Rücken. Und wenn man dann nach oben schaute, ein anderes seltenes Objekt, ein Condor, der mittlerweile wieder in der Gegend ansässig war.

Wieder ging es weiter (ihr vermutet schon richtig: nach Süden) bis zum Julia Pfeiffer Burns Statepark. Hier befindet sich ein süßer kleiner Wasserfall (der McWay Waterfall) in einer zauberhaften Bucht. Leider (oder zum Glück) nicht mehr direkt zugänglich, sonst würden die Menschenmassen alles zertrampeln. So ging es nur auf einem Teil des Weges zu einem Overlook, aber der offerierte auch schon die volle Schönheit.

Und wieder ging es weiter Richtung Süden mit wunderschönen Ausblicken (auch wenn wir nicht an JEDEM Aussichtspunkt hielten).

Einmal musste ich allerdings anhalten, um diese wunderbare Pflanze (Name wird nachgereicht, sobald ich ihn kenne) im Gegenlicht zu fotografieren. Diese standen in Unmengen am Straßenrand, aber fast nie kameragerecht.

Die Sonne stand schon etwas tiefer am Himmel, als wir schließlich am Elefant Seals View ankamen. Dies ist eine der größten Seeelefantenkolonien. Man hört das dumpfe Grunzen schon von weitem. Hunderte der riesigen Tiere liegen faul am Strand herum, eng aneinandergedrängt. Manche sind auch im Wasser

oder auf dem Weg dahin.

Wir wissen auch nicht, ob es sich bei den folgenden Aufnahmen um Revierkämpfe oder um eine Art Sangeswettbewerb „ES (Elefant Seals) sucht den Superstar“ handelte, aber es war interessant anzusehen.

Auf dem Weg zu einem etwas abgelegenen Plätzchen schon wieder eine Walsichtung.

Dann zurück am Hauptliegeplatz – die Abendsonne schien so schön herein – konnte ich endlich wieder meinem Hobby frönen, der Portraitfotografie.

Und dank 500er Tele war das alles kein Problem. Was bin ich froh, dass ich mir diese Linse zugelegt habe.

So langsam strebte die Sonne dem Horizont entgegen und wir beschlossen, den Sonnenuntergang hier abzuwarten.

Was sich auch insofern lohnte, als wir in der letzten Sekunden den sogenannten „Green flash“ mitbekamen. Wenn die Sonne gerade hinter dem Horizont verschwindet, leuchtet der letzte Rest der Scheibe manchmal für einen kurzen Moment grün.

OK, Sonne ist weg, Nachglühen beginnt

und wir fahren jetzt noch die 35 Meilen nach Morro Bay zum Hotel. Das Hotelzimmer ist vermutlich das kleinste, was wir bisher bekommen haben. Und das Upgrade besteht daraus, dass wir einen Raum mit ZWEI Fenstern bekommen. Echt nobel. Ändert aber nichts daran, dass wir einen tollen Tag mit vielen Erlebnissen hatten.