18.09.2025 – Von Aberdeen nach Long Beach

Ade Aberdeen. Unser Hotel hat uns gut gefallen und Aberdeen hat auch sympathische Ecken, wie ich gleich zeigen werde. Für die nächsten Tage werden wir uns im absoluten Süden Washingtons und ein wenig im Norden Oregons aufhalten. Dafür wäre eigentlich ein Hotel in Astoria gut oder besser geeignet, aber da dort fast der doppelte Preis wie in Long Beach aufgerufen wird, halten wir es für besser, ein wenig Fahrerei durch schöne Landschaft auf uns zu nehmen.

Vorher springen wir noch beim gegenüberliegenden Walmart rein, um uns mit Nahrungsmitteln für den heutigen Tag einzudecken. Auf dem Weg zur Tankstelle hatte ich bei Google Maps etwas von „Kurt Cobain childhood house“ gesehen. Dieser Rocksänger, der zum Klub der 27 gehört, hat hier wohl seine nicht gerade glückliche Kindheit und Jugend verbracht.

Das Häuschen ist ein ganz normales, wie man es zu hunderten in den Straßen sehen kann.

Wir nutzen die Gelegenheit, um durch diesen Vorort zu kurven und ein paar von diesen Häuschen abzulichten.

Auch sonst macht dieser Teil der Stadt einen gutbürgerlichen Eindruck.

Etwas weiter im Stadtzentrum sieht man auf einer der Hauptstraßen verlassene alte Steingebäude, wie sie zu Hochzeiten der Stadt in Benutzung waren und bestimmt besser ausgesehen haben.

Manche sind gut renoviert wie im folgenden Bild die St. Mary School. Aber das ist eher die Ausnahme.

Und Brücken hat es zu Hauf in dieser Stadt. Eine hatte ich ja gestern Abend schon vorgestellt, heute ging es über eine weitere zu unserem nächsten Tagesziel.

Das ist West Harbour, quasi die südliche Eingangspforte zum Grays Harbour, der großen Bucht, an deren Ende Aberdeen liegt.

Ca. eine Stunde ist man dahin unterwegs, durch Holzplantagen, an Dörfern vorbei, bis man vor einem recht großen Fischereihafen steht. Dort hat man rücksichtsvollerweise einen Aussichtsturm aufgebaut, damit die Touristen schnell und unkompliziert einen Überblick bekommen.

Wir blicken in die Runde, zum einen auf den Hafen.

In der anderen Richtung geht es ins offene Meer, die Wellen brechen mit brachialer Gewalt an die Buhnen.

Etwas weiter in Richtung Hafen stellen wir direkt an den Kais den Wagen ab und spazieren gemütlich über die Stege. Alles ist offen, keiner fragt irgendwas, man wird freundlich gegrüßt. Offensichtlich hat der Tourismus hier noch keine Schäden hinterlassen.

Gegenüber auf einem der Anlegestege räkeln sich diverse Sea Lions, ihr Gebrüll klingt deutlich zu uns herüber.

Beim Blick zurück Hafenromantik pur, ob die Fischer, die das hier berufsmäßig betreiben, auch so sehen, lasse ich mal dahingestellt.

Jedenfalls können wir auf diesen Stegen fast einen halben Kilometer bis zur Hafeneinfahrt laufen und begegnen immer wieder Krabbenfischern, die mit gekonntem Schwung eine Angel auswerfen. Am Ende der Schnur ist aber nicht einfach nur ein Angelhaken befestigt, sondern ein Metallkorb, in dem sich Hühnergebein mit Fleisch dran befindet. Wir beobachten einen der Fischer, der gerade einen solchen Köder aus dem Wasser zieht. Drei Krebse haben sich festgebissen. Sie werden mittels einer Schablone nachgemessen und wenn sie zu klein sind, landen sie wieder im Wasser.

Wir sprechen mit einem der Angler, der in seinem Eimer schon ganz gute Beute angesammelt hat. Bis zu sechs Stück darf er pro Tag rausholen und pro Tier gibt es dann ein halbes Pfund „Fleisch“. Anscheinend immer noch billiger, als es im Laden zu kaufen.

Wir schlendern gemütlich in der Sonne zurück, es ist leicht windig, aber nicht unangenehm. In der Nähe des Autos setzen wir uns auf eine Aussichtsplattform und genießen von dem Essen, das wir bei Walmart gekauft haben.

Ich nutze die Gelegenheit, auf die vorbeifliegenden Pelikane zu halten.

Dann geht es wieder auf die Piste. Zuerst am Marine Museum vorbei, ein schönes altes Gebäude, welches in krassem Kontrast zu den benachbarten Industriegebäuden steht.

Eine halbe Meile weiter wartet ein Leuchtturm auf uns, aber wir halten nur für ein Foto an. Und werden dabei von einem älteren Ehepaar angesprochen: Wir hätten ja eine lange Fahrt hinter uns, von Florida. Aber wir konnten aufklären, dass es ein Rental car mit einem Kennzeichen aus dem Sunshine State ist. Als die Lady erfuhr, dass wir aus Deutschland kommen, entfuhr ihr ein „ich bin aus der Schweiz“, was ich dann mit einem Gruezi kontern konnte. Ja, ich bin sehr sprachbegabt.

Jetzt aber los nach Long Beach. Die Landschaft ist mehr oder weniger eintönig, aber schön, wir überqueren mehrere Flüsse und zockeln immer hinter einer Motorrad Gang her, wahrscheinlich Wild Hogs. Wir durchqueren Dörfer (oder Städte) mit Namen Raymond und South Bend, von denen ich noch nie gehört habe.

Am Hotel angekommen steigen die Biker gerade von ihren Drahteseln. Wir beeilen uns, vor ihnen an der Rezeption zu sein, denn das könnte dauern.

Eine kleine Pause gönnen wir uns, dann geht es noch einmal los zum Cape Disappointment.

Dies liegt an der Mündung des Columbia River (Grenze zwischen Washington & Oregon). Es bekam seinen Namen schon 1788, als der britische Kapitän John Meares (nach dem das gleichnamige Kap in Oregon benamst ist) dort vergeblich nach der Flussmündung suchte. Er fuhr enttäuscht wieder weg – und taufte den Ort gleich passend.

Die Mündung des Columbia River gilt als eine der gefährlichsten der Welt, weil sich vor dem Ausgang Sandbänke (Bars) befinden, die sich durch Strömungen verlagern und Schiffe dadurch stranden können.

Auf der Spitze des Capes liegt das Fort Canby. Es wurde ab 1863 während des Amerikanischen Bürgerkriegs errichet und ist Teil eines Systems mit Fort Stevens (Oregon) und Fort Columbia (Washington). Diese drei Festungen zusammen bildeten die „Triangle of Fire“.

Sie waren mit schweren Küstenkanonen ausgestattet, die jedes Schiff, das unerlaubt in die Flussmündung wollte, unter Kreuzfeuer nehmen konnten.

Ironischer Fun Fact: Kein einziger Schuss wurde jemals im Kampf abgefeuert. Die Wehranlagen waren also eher Abschreckung als tatsächliche „Action-Bühne“.

Uns interessierte der Leuchtturm (das Cape Disappointment Lighthouse) und die untergehende Sonne.

Der Leuchtturm steht wunderbar auf einem Felsen und schaut nach Astoria in Oregon.

Kurz nach diesem Foto ging die Sonne bei klarem Himmel unter, ein Schauspiel, welches wir komplett alleine genießen konnten.

Als die Sonne dann hinter dem Horizont verschwunden war, setzten wir uns ins Auto und fuhren vorsichtig zum North Head Lighthouse. Dort gibt es die North Head Lighthouse Keeper’s Residence, schön restaurierte Gebäude, in denen man anscheinend sogar übernachten kann. Rehe kreuzen unseren Weg, es wird immer dunkler. Dann taucht vor uns der Leuchtturm auf, er ist sogar in Aktion.

Ein letztes Foto im schwindenden Tageslicht und wir rollen vorsichtig den Berg runter und zum Hotel.

 

17.09.2025 – Unterwegs an der Westküste Washingtons

Mal sehen, was uns das Frühstück heute in diesem neuen Hotel beschert. Zumindest die Würstchen und die Eier sind anders zubereitet. Ansonsten hat die erste Mahlzeit des Tages in unserer gestrigen Unterkunft dem nicht nachgestanden.

Hier gibt es einen Kaffeevollautomaten, welcher mit seinen diversen Heißgetränken dem Gusto meiner Göttergattin deutlich näher kommt. Aber für mich macht es die Zubereitung und Füllung unserer Mugs umständlicher, das ist schon eine Wissenschaft für sich, die Brühe so zu mixen, dass sie zum Einen wach hält, zum anderen aber nicht schon beim ersten Schluck von innen vor die Windschutzscheibe gespuckt wird. Dank meiner genialen Barista-Fähigkeiten gelingt mir dies und wir starten wohlbefüllt in den Tag.

Da wir weder Costco noch eine preiswerte Mobil-Tankstelle in der Nähe haben, bemühe ich die Gas-Buddy-App und sie schlägt mir einen Q-Mart ganz in der Nähe vor. Und der Preis von 4,099 USD/Ga war bisher nicht zu unterbieten. Dieser Bauch ist auch gefüllt und es geht nach Norden. Der „Tree of Life“ ist der nördlichste Punkt der heutigen Tour. Um ihn zu finden, gibt man ins Navi den Kalaloch Campground ein. Von dort aus steigt man zum Strand hinab und sieht nach wenigen Metern diese botanische Besonderheit. Eigentlich „nur“ ein Baum, aber das Erdreich um das zentrale Wurzelgeflecht wurde mittlerweile weggespült, so dass er sich hauptsächlich an den Seiten festhält.

Wenn man ganz leise ist, kann man ihn den Song von Elton John summen hören: I’m still standing. Wie lange noch? Keiner weiß es. Ob er nächstes Jahr noch da ist? Schaut mal in den sozialen Medien nach und berichtet.

Da uns die vier durchfahrenen Baustellen mit ihren unvermeidlichen Zwangspausen = dient der Entschleunigung so gut gefallen haben, nehmen wir sie auf dem Weg nach Süden erneut alle mit.

Wir biegen ein paar Meilen weiter südlich bei Amanda Park auf die North Shore Road des Lake Quinault ein. Er ähnelt dem Crescent Lake und hat auch eine schöne Picknick Area, die wir für eine kurze Pause mit Blick auf den See nutzen.

Imposant die Bäume, die zum Teil gefällt in der Gegend rumliegen. Daraus einen Stapel Kleinholz zu machen für den Kamin, dürfte nicht ganz einfach werden.

Schließlich gelangen wir zu der Quinault Ranger Station, wir sind wieder einer Ecke des Olympic National Parks gelandet. Von hier aus geht ein kurzer Rundweg ähnlich dem Trail durch den Hoh Rain Forest los. Kenner der Materie streiten darüber, welches der schönere Weg ist.

Nach Kenntnis beider Trails kann ich sagen, dass sowohl der eine als auch der andere besondere Reize haben. Für den Quinault Rain Forest mit dem Maple Forest Trail sprechen die Tatsachen, dass er absolut ebenerdig und somit zugängig für Rollstuhlfahrer:innen ist. Außerdem gibt es keine Eingangspforte zum Park, was lange Wartezeiten erübrigt.

Ich hatte nach kurzer Zeit mal ein Teleobjektiv aufgeschnallt, um diese faszinierende Welt der Flechten und Moose einmal etwas näher heranzuholen.

Und dabei auch etwas mehr in die Details zu gehen.

Dass der Wald seine besonderen Reize auch für andere hat, zeigte sich darin, dass ein Hochzeitspärchen ihr Hochzeitsshoot genau dort durchführte.

Die beiden habe ich natürlich nicht abgelichtet.

Danach wollten wir die Straße einfach weiterfahren, um an einer bestimmten Stelle den Quinault River zu überqueren und den Quinault rain forest loop drive auf der südlichen Seite zu beenden. Nach kurzer Zeit wurde die asphaltierte Straße zu einer mit Schlaglöchern übersäten dirt road. Wir fragten einen entgegenkommenden Truck-Fahrer, wie weit es noch sei und ob die Straße durchgängig sei. Er verneinte, der südliche Teil sei gesperrt.

Also umdrehen und ab nach Süden. Diesmal nicht die kürzeste Strecke, sondern bei Moclips auf die Küste stoßen und an dieser bis nach Ocean Shores dort entlang gondeln.

Dieser Küstenabschnitt ist zumindest von ausländischen Touristen unbeleckt. Man darf sogar auf die Strände mit dem Auto fahren, was ich bei der ersten Gelegenheit natürlich ausprobierte.

Tolles Gefühl, so über den Sand zu rutschen und zu driften. Aber aufgepasst: Tief sollte der Sand nicht sein, dann nutzt auch ein 4-Rad-Antrieb irgendwann nicht mehr.

Die Sandklippen leuchten in der Nachmittagssonne.

Auf dem weiteren Weg nach Süden passieren wir Seabrook, eines der wenigen Nester, die mit vielen neuen Häusern, fast wie in einem Seebad, zugebaut sind.

Ansonsten ist die Gegend sehr gemütlich, fast noch weniger entdeckt als die Küste Oregons, die wir recht gut kennen.

Aber natürlich tut man auch hier etwas für den Tourismus. Holz gibt es ja, hatten wir schon festgestellt, mehr als genug. Und das kann man auch zu mehr oder weniger kitschigen Vorgartenfiguren umarbeiten.

Hier in Ocean City. Mittlerweile hat meine Göttergattin das Lenkrad übernommen und wie man sieht, hat sie einen Riesenspaß dabei.

Warum auch nicht? Es hat mich einiges an Mühe gekostet, sie wieder auf die normale Straße zu überreden.

Ein letztes Foto von einem der Touristenmagnete und wir drehen die Schnauze unseres Dicken landeinwärts, um im Grocery Outlet noch etwas fürs Abendessen zu organisieren.

Als wir ankommen, liegt die Brücke gegenüber unserem Hotel gerade schön im Abendlicht.

Mal wieder ein toller Tag.

16.09.2025 – Von Sequim nach Aberdeen

Nun müssen wir das gastliche Ocean Star Inn verlassen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es war gemütlich, sauber, klein und das Frühstück war deutlich über dem gepriesenen Standard „continental breakfast“.

Allerdings gestehe ich, dass ich die Eier und Würstchen in der hier dargebotenen Form lieber mal etwas anders gehabt hätte.

Das gibt es vielleicht ja morgen früh in Aberdeen, da sind wir wieder bei Best Western.

Der kürzeste Weg von Sequim nach Aberdeen hätte uns weniger als drei Stunden östlich des Olympic National Parks gekostet. Aber wir wollen ja noch was erleben. Deshalb nehmen wir die westliche Route auf der 101 über Forks. Vampire suchen (und ihnen dann möglichst aus dem Weg gehen).

Wir wählen die einzig mögliche Route über Port Angeles, tanken noch einmal für 4,399 USD/Ga voll und düsen Richtung Westen.

Am Lake Crescent kommen wir an einer heftigen Unfallstelle vorbei. Wir vermuten, dass einer der vielen Log-Trucks seine Ladung verloren und auf ein entgegenkommendes Fahrzeug entladen hat.

Das schadet der Schönheit des Sees – vor allem jetzt bei Morgenlicht – keineswegs und wir machen auf der Picknick Area La Poel eine kurze Pause.

Auch hier merken wir, dass wir uns im pazifischen Nordwesten befinden. Regenwald ist allgegenwärtig. Bäume wachsen riesig in den Himmel.

Und trotzdem sieht unser gewaltiger Truck daneben noch winzig aus. Zum Größenvergleich mal meine Göttergattin auf dem Trittbrett.

Die Natur holt sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit zurück, was ihr gehört.

Der See bietet je nach Standpunkt kristallklares Wasser, bei dem man tief auf den Grund schauen kann.

Die Straße ist uns noch immer wohlbekannt und führt am Rande des Nationalparks vorbei. Wenn das Land nicht dazu gehört, ist es im Privatbesitz und wird für die Forstwirtschaft genutzt. Dies hat mich in meinem ersten Urlaub fast in den Wahnsinn getrieben, war ich es doch gewohnt, dass man in den Wäldern, speziell National Forest, frei und ungehindert zelten konnte. Aber hier gibt es halt keinen National Forest. Und im National Park ist wildes Zelten verboten.

Schließlich erreichen wir das Städchen Forks. Stefanie Meyer hatte im Internet nach einer Stadt mit einem der höchsten Regenaufkommen gesucht und war hier fündig geworden. Vampire scheuen – wie allgemein bekannt ist – das Sonnenlicht und haben sich deshalb hier angesiedelt.

Als wir ankamen, brauchten wir diesbezüglich absolut nichts zu fürchten. Ich schätze, wir haben einen der 5-6 Sonnentage im Jahr erwischt.

Logisch, dass wir die Stätten des Wirkens aufsuchen mussten. Das Chamber of Commerce, welches gleichzeitig auch als Visitor Center dient, liegt direkt neben dem Timber Forks Museum und ist mit allem ausgestattet, was ein Twilight-Fan benötigt.

Vor der Türe stehen die zwei Trucks von Bella Swan (einer aus der Buch- und einer aus der Film-Version, habe ich mir sagen lassen).

Und es gibt auch eine ziemlich hoch gelegte Messlatte. Hier werden die Regenmengen der vergangenen Jahrzehnte angezeigt.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich es gut gefunden hätte, im Jahr 1997 mit 162 Inch=4,11 Meter Regen hier zu leben.

Jedenfalls machten wir uns auf den Weg, um das Haus von Bella zu suchen. Das war auch relativ leicht zu finden: 775 K-Street.

Schon deutlich schwieriger war es, den reservierten Parkplatz von Dr. Cullen zu finden. Wir fuhren mehrfach am Krankenhaus vorbei, ohne das Namensschild zu sehen. Ich vermute mal, dass wir es deswegen nicht gefunden haben, weil er gerade mit seinem Wagen davor parkte. Welch andere Erklärung soll es sonst dafür geben?

Jetzt geht es weiter im Inland nach Süden in Richtung Küste. Auf halber Strecke biegt nach Osten eine Stichstraße zum Nationalpark, Sektion Hoh Rain Forest, ab. Ca. 17 Meilen gondeln wir entlang des Hoh River, der uns immer wieder mit schönen Anblicken überrascht.

Wir haben schon Panik, dass wir (wie von der größten Pessimistin von allen neben mir befürchtet) mehrere Stunden darauf warten müssen, hineinzukommen und nach einem Parkplatz zu suchen. Aber die Autos werden einfach nur nacheinander abgefertigt und nach ca. 20 Minuten sind wir im Park. Auch einen Parkplatz finden wir mit etwas Geduld und schauen uns um, was sich am besten eignet für diesen Besuch.

Der Name Hoh Rain Forest stammt übrigens nicht vom Weihnachtsmann, der mit seinem Schlitten Hoh, hoh, hoh rufend durchgezogen ist. Er leitet sich vom Hoh River ab, der durch den Regenwald fließt und seinen Ursprung am Mount Olympus hat. Die genaue Herkunft des Wortes „Hoh“ ist umstritten, aber es stammt aus den Sprachen indigener Völker wie den Quileute und Quinault. Mögliche Bedeutungen sind „schnell fließendes Wasser“ (von „Ohalet“ bei den Quileute) oder auch das Wort „Qu“ für „Grenze“ bei den Quinault. Eine andere Theorie besagt, dass sich „Hoh“ auf einen indigenen Stamm bezieht, der „Diejenigen, die am Hoh River leben“ bedeutete.

Es stehen für uns mehrere Wanderungen zur Auswahl: Der Hall of Mosses Trail und der Spruce Bottom Nature Trail. Wir entscheiden uns für ersteren, der uns mit einer Länge von 0,8 Meilen angemessen erscheint.

Der Wald macht seinem Namen wirklich alle Ehre. Man fühlt sich in eine andere Welt versetzt. Überall hängen Flechten von den Bäumen und lassen das Licht wie durch einen grünen Vorhang durch.

Grün golden glitzert dieses Naturschauspiel in der Sonne.

 

Es ist trotz eigentlich angenehmer Temperatur schwül. Der Regen der vergangenen Tage dampft quasi aus der Erde heraus. Aber Spaß haben wir trotzdem, wie man sieht.

Die Flechten auf den Bäumen sind übrigens von der nicht destruktiven Art. Sie greifen den Baum nicht an, sondern leben von Luft, Licht, Wasser und Liebe.

Die Bäume benutzen gerne ihre Vorfahren, um dort selbst zu keimen und zu wachsen. Hier sieht man dies in einem sehr jungen Stadium.

Nach einer kurzen Mittagspause beschließen wir, den zweiten Trail nicht mehr zu laufen. Schließlich haben wir noch mehr als zwei Stunden Fahrt vor uns und wir kommen gleich erst zur Küste.

Auf diese treffen wir am Ruby Beach. Ein herrlich wilder Abschnitt mit einzelnen Felsen, die im Wasser stehen, Wellen brechen sich am Strand.

Der Name soll daher stammen, dass man dort einmal Rubine gefunden hat. Aber selbst wir, die wir sehr erfahren im Finden von Achaten sind, starren erfolglos auf den Boden,

vergessen aber dabei nicht, die Umgebung zu okularinspizieren. Es ist so herrlich entspannend, an der Waterkant entlang zu laufen und dabei nur auf den Boden und die Wellen zu schauen. Ich vermute mal, dass die letzten Rubine hier kurz nach Christoph Columbus gefunden wurden.

Andere Besucher – natürlich Männer – müssen ihren Freunden etwas Besonderes bieten. Genau deshalb gibt es die Darwinsche Auslese und die beginnt meistens mit: Halt mal mein Bier.

Wir sind froh, dass wir über solche Eskapaden erhaben sind und machen uns auf den Weg zurück zum Auto. Der Rest der Fahrt zum Hotel nach Aberdeen verläuft ziemlich ereignislos, wenn man von mehreren Großbaustellen absieht, die für Brückenbauarbeiten nötig wurden.

Aberdeen war in früheren Jahren eines der Zentren der Holzindustrie, ist aber mittlerweile etwas heruntergekommen (zumindest die Straßen, die wir gefahren sind). Aber das Hotel ist schön und wir werden uns die nächsten zwei Nächte hier wohlfühlen.

15.09.2025 – Cape Flattery

Für heute haben wir uns den nordwestlichsten Punkt der kontinentalen US außerhalb von Alaska vorgenommen. Dies ist Cape Flattery und liegt in der Makah Indian Reservation. Um dorthin zu gelangen, fahren wir zuerst nach Port Angeles. Dort hatten wir gestern schon eine Mobile Tankstelle gesehen mit einem Spritpreis von 4.399 USd/Ga.
Das sind 10 Cent weniger als bei Costco. Erstaunlich. Also laden wir uns den Tank voll und biegen kurz dahinter auf die 112 nach Westen ab. Die Straße kann man bestenfalls als secondary bezeichnen, sie ist so kurvig wie die „Road to Hana“ mit wenigstens ebenso vielen Schlaglöchern. Das maximal erlaubte Tempo liegt bei 50 mph, aber 25-35 ist deutlich realistischer.
Endlich lichtet sich der Wald, vom Strand aus ist nur an wenigen Stellen die Schönheit der Küste und dem gegenüberliegenden Vancouver Island in Kanada zu sehen.

Dann wir erreichen die winzige Stadt Sekiu. Hier gibt es – wen wundert es – saubere Toiletten und auch ein schönes Motiv.

An einem Strand mit vielen Möwen fallen zwei deutlich größere Vögel auf. Als ich endlich meine Kamera schussbereit mit der dicken Berta habe, hat der eine Adler schon das Weite gesucht und den zweiten erwische ich gerade noch beim Abflug. Titel des Bildes: Adlerhintern beim Abflug – eine Momentaufnahme.

Weiter auf der 112 gelangen wir nach Neah Bay, einem Ort, der vom Tourismus und vom Freizeitfischfang lebt. Allerdings liegen auch einige größere Pötte im Hafen.

Dies ist auch die Stelle, wo man die Recreational Permits erwerben kann. Da das Cape Flattery, wie schon erwähnt, im Indianerreservat liegt, kann man der indigenen Bevölkerung keinen Vorwurf machen, wenn sie sich auf diese Weise ein wenig Geld zurückholen.

Auf vielen Schildern am Straßenrand wird Pat’s beworben, wo solche Permits für 20 USD verkauft werden. Schließlich haben wir den Laden gefunden, er ist geschlossen.

An einem Kaffeebüdchen komme ich mit einem Touristen ins Gespräch und erfahre, dass der Shop bei der Tankstelle ebenfalls diese Genehmigung verkauft. Ok, ein Problem weniger.

Kurz bevor es die einzige Straße zum Cape hinauf geht, steht dort ein Büdchen mit einer Dame, die ebenfalls die Permits verkauft. Hätte so einfach sein können.

Zum Parkplatz sind es nur noch ein paar Meilen und wir finden direkt am Eingang des Weges einen schönen Parkplatz.

Auf einem Schild wird der Trail mit 0,8 Meilen angepriesen, das schaffen wir.

Es geht teils auf breiten Wegen, teils auf Bretterstegen nach unten, bis wir vor einem von mehreren Aussichtspunkten stehen.

 

Eine wilde Küste tut sich unter uns auf, die Wellen schlagen wild an die Felsen.

Gegenüber auf einer Insel liegt der gleichnamige Leuchtturm, an seinem Fuß räkelt sich gemütlich eine Kolonie Sea Lions.

Ihr Geschrei dringt je nach Windrichtung deutlich zu uns herüber, der Gestank zum Glück nicht.

Wir können uns gar nicht satt sehen und verweilen mit den anderen Naturliebhabern, um aufs Meer zu starren und vielleicht einen Wal zu sehen.

 

Aber wir müssen weiter. Also geht es wieder den Berg hinauf. Das hatten wir erwartet, leider.

Wir sind nicht alleine auf dem Weg. Neben all den zweibeinigen Touristen schaut sich auch ein kleines Squirrel den ganzen Trubel an und freut sich darauf, dass es am Abend wieder ruhiger wird in seinem Wohnzimmer.

Nachdem wir am Auto angekommen sind, geht es erstmal zurück nach Neah Bay. Dort verordnen wir uns an einer Bank am Strand eine Zwangspause und genießen ein kurzes Picknick.

Ein weiteres Ziel bekommen wir in unseren straffen Terminplan noch reingequetscht: Den Rialto Beach.

Der Strand ist bekannt für seine riesigen Treibholzstämme – manche sehen aus, als hätte Poseidon selbst sie an Land geworfen. Ranger nennen sie manchmal scherzhaft „nature’s pick-up sticks“.

Das Meer hier ist wild: die Wellen sind oft so stark, dass man im Scherz sagen kann, man bekommt ein gratis Ganzkörper-Peeling, wenn man ihnen zu nahekommt. Der berühmte „Hole-in-the-Wall“-Felsen ist ein riesiger Steinbogen, den man bei extremer Ebbe zu Fuß erreichen kann. Lokale Insider sagen gern: „Das ist unser westlichstes Drive-Through – nur ohne Auto.“
Viele Szenen aus dem Twilight-Film basieren auf Orten rund um La Push und Rialto Beach – Fans kommen heute noch für Selfies her.

Wir schießen hier auch die obligatorischen Fotos und drehen einen Schlenker über La Push. Achten dabei auf Leute, die besonders blass sind oder in der Sonne glitzern.

Gerne würden wir hier mehr Zeit verbringen, aber die Heimfahrt nach Sequim braucht fast zwei Stunden.
Während mich die beste Chauffeurin von allen mehr oder weniger glatt über den Highway 101 zum Hotel schaukelt, versuche ich, diesen Text am Handy einzutippen, damit es am Abend nicht ganz so spät wird.

Am Crescent Lake fahren wir kurz zum East Beach raus. Hier haben wir vor vielen Jahren mit den Kids im Wohnmobil eine Pause gemacht und die Stille genossen. Tut richtig gut nach den vielen Menschen, die uns auf der Wanderung begegnet sind.

14.09.2025 – Olympic National Park

Endlich haben wir mal das Wetter, für das der Staat Washington so bekannt ist. Endlich kann ich das Rostschutzmittel, welches ich vorsorglich neben dem Sonnenschutz eingepackt hatte, herauskramen. Endlich verstehen wir, warum dieser Staat den Nicknamen „The Evergreen State“ hat.

Auf gut deutsch: Es regnet in Strömen. Zeit, sich auf die Erholung zu konzentrieren.

Das Frühstück hier im Ocean Star Inn (einmalig in diesem Urlaub kein Best Western Hotel) ist erstaunlich gut, wurde doch „nur“ continental breakfast beworben. Man merkt die Nähe zum Großmarkt Costco. Auf vielen Behältnissen prankt das Kirkland-Logo, der Hausmarke der Metro der USA. Am schönsten ist allerdings, dass sie auch unser geliebtes Cranberry Walnut Brot anbieten. Da schlagen wir doch gerne zu.

Nach der ersten Malzeit des Tages legen wir uns noch ein wenig aufs Ohr, denn die Wetter-App verheißt ein Nachlassen der undichten Wolken.

Als es schließlich nur noch graut und im fernen Westen die ersten blauen Flecken am Himmel auftauchen, gibt es bei uns kein Halten und wir machen uns zügig auf die Straße. Schnell nochmal bei Costco vollgetankt und ein paar andere Sachen mitgebracht und dann – während der Fahrt – überlegen wir, was wir heute am besten machen können. Da stehen zum einen die drei Wasserfälle: Sol Duc, Marymere und Madison im Angebot. Die Hurricane Ridge könnte auch interessant sein. Und auch die Neah Bay ganz im Westen der Halbinsel.

Doch erstmal ein paar Fakten zum Olympic National Park. Er ist quasi eine „Mini-Welt“ für sich, denn er vereint drei komplett unterschiedliche Landschaftstypen:

  • Schroffe Pazifikküste mit wilden Stränden und Treibholz, das aussieht wie von Riesenhand hingeworfen.
  • Gemäßigte Regenwälder wie der berühmte Hoh Rain Forest, einer der größten seiner Art in den USA.
  • Alpine Hochgebirge mit Gletschern, schroffen Gipfeln (z. B. Mount Olympus, 2.428 m) und sauberen Bergseen.

Der Park ist fast so groß wie das Saarland – aber mit viel mehr Bären und viel weniger Autobahnen.

Ganz in der Nähe, in der Kleinstadt Forks, spielt die Twilight-Saga. Deshalb pilgern immer noch Fans in den Park und hoffen, glitzernde Vampire im Regenwald zu sehen. Stattdessen treffen sie meistens auf… nasse Hirsche.

So, wie gerade im Augenblick der Himmel aufreißt, erscheint uns die Hurricane Ridge im Olympic National Park am geeignetsten. Wir biegen also von Port Angeles ab nach Norden, um über eine 17 Meilen lange, gut befahrbare Straße auf die Höhe zu kommen. Der Weg führt durch mehr oder weniger dichten Wald, von der Schönheit der Berge ist wegen der Wolken so gut wie nichts zu sehen.

Dann endlich reißt die Wolkendecke auf und die Sonne scheint durch.

Kurze Zeit später stehen wir auf dem Parkplatz (welcher trotz Sonntag nicht einmal halb gefüllt ist) und packen uns wetterfest ein. Ausnahmsweise bei mir eine lange Hose und eine von meinen neuen Jacken.

Wir machen uns auf den Weg zu einer kurzen Wanderung, denn die Wolken lassen nur erahnen, welche Schönheit sich hinter ihnen verbirgt.

Noch einmal kurz die Fliesenabteilung aufsuchen und es geht wieder nach unten. Denn wir haben ja noch reichlich Ziele auf der Tagesordnung.

Auf der Straße hat sich stellenweise so dichter Nebel gebildet, dass man nicht die Hand vor Augen sieht. Hatte ich auch nicht, sie waren am unteren Teil des Lenkrades. Logisch, dass es nicht allzuschnell den Berg runter geht. Auf dem Foto war die Sicht schon wieder richtig gut.

Dann biegen wir nach Westen auf den 101 ab, um zu den Sol Duc Wasserfällen zu fahren.

Sol Duc“ ist ein Name, der aus der Sprache der Quileute (einem indigenen Volk der Olympic-Halbinsel) stammt.

Ursprünglich hieß es dort “Soleduck” (ältere Schreibweise) und bedeutet ungefähr „glänzendes Wasser“ oder „funken-sprühendes Wasser“ – eine Anspielung auf die heißen Quellen und den Sol Duc River, der durch den Park rauscht.

Auch hier müssen wir 14 Meilen in die Berge hinauf fahren. Am Parkplatz angekommen, sind es jetzt noch 0.8 Meilen zu laufen. Das schaffen wir (so gerade eben noch).

Es geht durch dichten Regenwald und uns kommen viele Wanderer:innen entgegen.

Dann hören wir es rauschen und stehen auf einer Brücke vor dem Wasserfall. Mein Stativ für eine Langzeitbelichtung habe ich nicht mitgenommen, warum auch. Schließlich bekomme ich mit aufgelegter Kamera 1/6 Sekunde auch ohne hin.

Und wie man sieht, klappt das ganz gut.

Auf dem Rückweg kommt ab und zu die Sonne raus und wirft ihre Stahlen durch die mit Flechten bewachsenen Bäume.

Nachdem wir zum Parkplatz zurückgekehrt sind, verleiben wir uns noch den bei Costco erstandenen Salat ein und machen uns auf den Rückweg.

Links am Wegesrand machen wir einen kleinen Stop. Dort hatten wir auf dem Hinweg die Salmon Cascade Falls rechts liegen gelassen. Das können wir noch nachholen, dazu reicht die Zeit.

Aber da ich zu faul bin, die Strecke zurückzulaufen, hole ich einfach die dicke Berta raus und gönne dem Fall eine Aufnahme. Sogar einen Lachs glaube ich springen zu sehen.

Schließlich sind wir zurück auf der Straße. Der Lake Crescent wird schön ins Sonnenlicht getaucht, das hätte man heute morgen doch auch schon haben können?

Aber mit dem Wettergott ist ja nicht verhandelbar.

Dass der Park nicht so überlaufen ist wie z.B. der Grand Canyon oder der Arches NP, sieht man daran, dass z.B. Rehe ganz ungeniert sowohl auf nahen Wiesen, bei Häusern und sogar in Vorgärten weiden.

Und sie lassen sich auch nicht durch Stalker wie mich stören.

Wir lassen den Park hinter uns und auch die Sonne, die tiefstehend in den Rückspiegel hineinleuchtet.

Eine kleine Runde drehen wir noch durch Sequim, um einen Sonnenuntergang á la Arizona mitzubekommen.

Endlich zuhause. Das Internet zickt mächtig rum und ich hoffe, diesen Bericht überhaupt hochgeladen zu bekommen.