Fifty shades of sollte der Tag eigentlich heute heißen. Aber das „of“ lassen wir erstmal offen. Dazu kommen wir später. Wir starten von unserem gemütlich eingerichteten Zimmer. Unsere Wirtin kommt vorbei, um sich mit ein paar Keksen zu verabschieden. Einen Tip fürs Frühstück hat sie nicht so direkt, aber wir haben ja noch einiges in der Kühltruhe.
Auf dem Weg durch Chétikamp kommen wir an einem Laden namens Robin vorbei. Batman ist nirgendwo zu sehen, also trauen wir uns. Karin versucht sich an einem Bagle, wie er auch ähnlich (oder genauso?) bei MD serviert wird. Ich bestelle mir ein Turkey Sandwich und jeder einen Becher Kaffee. Karin noch einen Schoko-Donut.
Da wir dieses Superfrühstück nur in einer Super-Umgebung verzehren wollen, fahren wir ein wenig weiter nach Norden, bis wir an einem Aussichtspunkt über die Küste ein adäquates Ambiente gefunden haben. Und im Stehen tropft der Senf direkt auf den Boden statt auf den Autositz.
So, einigermaßen satt sind wir, das Abenteuer kann beginnen. Für heute steht der Cabot-Trail auf dem Plan. Übrigens: John Cabot hat 1497 auch amerikanischen Boden betreten, eben auf dieser Insel zu unseren Füßen. Mittlerweile ist ein großer Teil Nationalpark, der Cape Breton Highland NP. Die Meere ringsum sind gefüllt mit Walen, in den Wäldern Koyoten und Elche. Zumindest wird man durch die gelben Schilder ständig darauf aumerksam gemacht.
Aber ganz so einfach macht man es den Touristen doch nicht. Man muss sich die Viecher schon erwandern. Am besten über einsame Wege, nicht zuviel reden, um sie nicht zu verscheuchen, und dann sieht man welche. Wenn man Glück hat. Wir fragten in der Ranger-Station nach, wo die Wahrscheinlichkeit am größten sei. Benjie’s Lake sei eine gute Gelegenheit. Und nur ca. 1,5 km für eine Strecke. Am See angekommen, eine schöne Kulisse (Karin hält Ausschau nach Elchen, Koyoten und Walen)
und nebenan ein nicht allzu scheues Squirrel. Man muss nehmen, was man kriegen kann…
Auf dem Rückweg schauten wir auch hinter jeden Busch und jeden Baum, aber die Mooses hatten anscheinend gerade Teambesprechung. Jedenfalls waren wir komplett erfolglos. Ob die ihre Ausbildung wohl in einem Baumarkt gemacht haben?
Weiter ging es (aus dem Nationalpark heraus) nach Pleasant Bay. Hier machte mich die beste Naturforscherin von allen auf riesige Vögel aufmerksam, die kreisend nach Beute Ausschau hielten. Also suchten wir einen Parkplatz und warteten geduldig, bis sie sich in unsere Nähe bequemten. Nähe ist auch noch sehr gestrunzt. Selbst mit 750 mm waren sie nur ein Pünktchen auf dem Bildschirm.
Auf der Mole am gegenüberliegenden Ufer hatte sich dann ein Bald Eagle (ein junger, der Kopf war noch nicht weiß) niedergelassen und ließ sich in Ruhe ablichten.
Dann breitete er seine Schwingen aus und glitt majestätisch durch die Lüfte.
Und zum Glück so nah, dass sich auch eine Ausschnittvergrößerung noch lohnte.
Einen weiteren Stop legten wir am MacKenzie-Lookout ein (passiert heute öfter).
Und es geht weiter auf der Cabot-Trail-Road. Hier kommen wir etwas in die Berge (der „Pass“ liegt auf ca. 350 m Höhe, die Sauerstoffmasken brauchen wir NOCH nicht). Und hier erschlagen uns die Farben des Herbstes. Waren die Wolken über uns die vielen Variationen der fifty shades of grey, so kann man hier getrost von fifty shades of orange reden. So etwas habt ihr noch nicht gesehen. Ich jedenfalls noch nicht.
Zur Abwechslung mal ein Straßenschild in nüchternem Grün gehalten (vielleicht färbt es sich ja unter dem Einfluss des Herbsts auch noch gelb oder rot?).
Als schönes Beispiel für die für normalsterbliche unleserlichen schottischen Namen. Übrigens übersetzt Google Translate die untere Zeile wie folgt: Der Zucker schlägt… Denkt Euch dazu, was Ihr wollt.
Von der Cabot-Trail-Road führt ab Cape North eine mehr oder weniger gute Straße in den Nordteil der Insel, bis nach Meat Cove.
Nicht zu verwechseln mit dem Sänger Meat Loaf. Dort fanden wir einen wunderbar einsamen Strand, den wir dank unseres Pickups auch mit Leichtigkeit erreichen konnten.
Mittagspause.
Gut gesättigt (wir haben IM Wagen gegessen, damit uns der Salat nicht vom Teller wehte) ging es wieder zurück bis Neils Harbor, ein hübscher kleiner Hafen (wie die anderen, die wir nicht extra erwähnt haben, auch).
Da die Sonne so schön schien, von diesem hier ein Foto.
Am Black Brook (übrigens: Brook heißt Bach, wusste ich bis gerade auch noch nicht) machten wir eine etwas längere Pause, weil der Strand dort mit seinen roten Felsen und den Kieseln besonders schön anmutete.

Und den Wasserfall mussten wir natürlich auch besichtigen.
Auf dem Parkplatz mal die Gelegenheit, die bunten Blätter etwas näher abzulichten.
Jetzt aber sollten wir uns wirklich auf den Weg machen, um unser Hotel zu erreichen.
OK, einen See nehmen wir noch mit, den Warren Lake.
Unsere Herberge, die ich soeben großmundig als Hotel angekündigt hatte, trug den Namen Skyline Cabins. Im Endeffekt ein Dutzend Doppelhüttenhälften, von denen das positivste, was man sagen konnte, war, dass sie sauber und trocken sind. Aber wir dürfen nicht meckern, sondern sollten froh sein, morgen macht der Laden für den Winter dicht. Aber das Internet funktioniert und die Mikrowelle auch. Für das Frühstück müssen wir morgen selbst sorgen, ich glaube nicht, dass uns der Landlord Kekse serviert.
Ach ja: Elche haben wir den ganzen Tag nur auf den Schildern gesehen, Wale noch nicht einmal dort.

Die Sonne lacht vom Himmel runter und wir erleben den Indian Summer (ich weiß, political incorrect) von seiner schönsten Seite. Am liebsten möchte ich alle zwei Meter ein Foto machen. So müsst ihr euch jetzt mit ein paar wenigen begnügen.
Irgendwann überqueren wir die Grenze nach Nova Scotia, nach Neu Schottland. Im Welcome Center, wo wir uns mit Karten und Info-Material eindecken wollen, werden wir erstmal nach unserem Impfstatus befragt. Karin kann natürlich sofort ihr Handy zücken und über die ArriveCan App und CovPass die erforderlichen Nachweise erbringen. Da mein Handy – wir erinnern uns – gestern den Heldentod gestorben ist, zücken wir die Papierunterlagen und der Mitarbeiter wird gleich eine Runde freundlicher. Das Material, das wir erhalten, ist reichlich. Endlich erhalten wir mal eine vernünftige Karte dieser Provinz.
An einem Rastplatz machen wir Mittagspause, keine Menschenseele sonst unterwegs, wir genießen das schöne Wetter.
Obwohl es mittlerweile deutlich kühler geworden ist als in Moncton. Nur Hemd ohne Pulli reicht auch mir nicht mehr.
Weiter geht es Richtung Norden. Eine drohende schwarze Wolke bietet einen tollen Kontrast zu den bunten Bäumen. Hoffentlich entlädt die sich nicht, während wir wandern.
Dann wieder direkter Kontakt zur Küste.
Sind wir hier in Oregon oder Nordkalifornien gelandet? Heimatliche Gefühle kommen hoch.
Schließlich passieren wir das Ortsschild von Chétikamp und das Navi weist uns von der Hauptstraße weg, aber immer noch 6 km zu fahren. Karin, in welche verlassene Berghütte hast Du uns gebucht?
An der Tür ein Schild: Wenn keiner im Office ist, bitte folgende Nr. anrufen…
Denn die beste Reiseplanerin hat für heute noch ein straffes Programm eingeplant: Den Skyline Trail im Cape Breton Highlands National Park. Das bedeutet ca. 20-25 min Fahrt, Eintrittskarte kaufen und dann noch ca. eine Stunde laufen. DAS wird sportlich.
Die Ängste meiner Göttergattin, es könne sich um eine schmale Gratwanderung à la Angels Landing handeln, erweisen sich als unbegründet. Sonnenuntergang war auch noch nicht, so kann ich in Ruhe das Stativ aufbauen und die ersten Lichtstimmungen einfangen.
Alle genießen die tolle Stimmung. Es ist windstill und auch die indischen Touristen verstummen mal. Sehr wohltuend.
Die Sonne sinkt tiefer und taucht das Meer in ein eigenartig diffuses Licht. Ganz bekommen wir den Sonnenuntergang nicht mit, dazu sind zuviele Wolken davor.


Bevor es ganz dunkel ist, kämpfen wir uns wieder bergauf und brauchen für den Rückweg ca. 45 Minuten.
Zum Glück fängt es erst während der Wanderung leicht an zu nieseln. Der Parkplatz ist stockfinster, aber unser Auto hat zum Glück Licht.