15. Reisetag: Im Elbsandsteingebirge, Teil 2

Nachdem es uns gestern so gut gefallen hatte, uns fast bis zur Besinnungslosigkeit auszupowern, warum heute nicht nochmal?

Karin war ein Felsen in der Nähe der Bastei aufgefallen, welcher sich wie in Klotz aus der Landschaft erhob. Ich hatte von einem bekannten Fotografen, Ben Jaworsky, ein Video gesehen, in welchem er zu nächtlicher Stunde auf einen Felsen im Sandsteingebirge geklettert war, um einen Sonnenaufgang zu fotografieren. Nun, auf den Sonnenaufgang bzw. auf das frühe Aufstehen konnte ich wunderbar verzichten, aber zumindest ergab es sich, dass die beiden Ziele im gleichen Felsen mündeten: Im Lilienstein. Das Wetter versprach zumindest bis zum Mittag gut zu sein, also quälten wir uns an der Elbroute an Schloss Pillnitz vorbei in die Berge. Die Störche grasten auf der gleichen Weide wie gestern, aber wir ließen sie links liegen.

An einem Aussichtspunkt noch einmal eine Inaugenscheinnahme unseres Ziels – von dem wir noch nicht genau wussten, dass es das sein würde. Bitte mal links den großen Hügel im Gedächtnis halten, da müssen wir rauf – zu Fuß.

Aber oh Wunder, es passte alles. Also fast alles. Die Werbung hatte mal wieder ein bisschen zu viel versprochen: Von Lilien keine Spur, aber dafür Steine. Und die in rauen Mengen und in allen Größen und Formationen. Wir fuhren an diversen am Straßenrand nicht so ganz legal geparkten Autos vorbei, in der Hoffnung, auf dem offiziellen Parkplatz unseren Wagen abstellen zu können. Und dann das zweite Wunder des Tages. Vom vollbesetzten Parkplatz fuhr gerade EIN Wagen raus und aus dem Beifahrerfenster winkte freundlich eine Hand mit einem für den Rest des Tages gültigen Parkticket. Ein Wink des Schicksals.

Kurze Orientierung anhand der Karte: Es gibt einen Süd- und einen Nordaufstieg. Ersterer dauert eine halbe Stunde, letzterer 45 Minuten. Klar, dass wir uns für den kürzeren entschieden. Aber die Höhe mussten wir trotzdem überwinden. Zuerst ging es noch harmlos durch lichten Mischwald,

bis die ersten Anstiege und Treppen davon zeugten, dass wir noch einiges an Muskelkraft einzusetzen hatten.

Es waren ca. 250 Höhenmeter zu überwinden, bis wir das Plateau erreicht hatten. Aber dann begann das eigentliche Abenteuer. Also für meine Göttergattin. Hatte ich erwähnt, dass sie leicht schwindelig wird? Wenn sie auf den Bürgersteig tritt, muss sie sich normalerweise an einer Laterne festhalten. Umso höher müssen wir ihr anrechnen, dass sie sowohl ihre Höhenangst als auch ihren inneren Schweinehund überwinden konnte.

Über schmale Drahtgitterstege ging es immer höher hinaus und on top of the hill gab es erstmal ein Päuschen, um im Sitzen an die Höhe gewöhnt zu werden.

Das gelang so gut, dass sie sich à la Titantic in den “Bug” stellen und ohne das Geländer anzufassen fotografieren lassen konnte. Liebe Leserinnen und Leser, hier ist ein ernstgemeinter Applaus fällig.

Ach ja, der Ausblick selbst war auch nicht ohne. Ich glaube wir hatten auf der Bergkuppe nicht nur 360°, sondern 480° bis stellenweise 720° Rundum-Sicht.

Auf der einen Seite ein guter Ausblick auf die Bastei und die Elbe flussabwärts.

Auf der anderen Seite die Festung Königsstein mit darunter liegendem Dorf Königsstein.

Ein wenig weiter flussaufwärts präsentierte sich dann Bad Schandau, welches bei den letzten Überflutungen auch einigen Schaden genommen hat.

Der Spaziergang auf dem Plateau weckte Erinnungen an USA-Urlaube in mir. Wenig Geländer, der würzige Duft von Nadelbäumen, der Sonnenschein, alles in allem bisher ein perfekter Tag.

Fehlt nur noch eins: Wir müssen wieder runter. Und da die gleiche Strecke noch einmal langweilig gewesen wären, entschieden wir uns für die Nordroute. Mal schauen, was so geboten wird. Geologisch war es nicht halb so interessant wie der Aufstieg, aber wir hatten auch genug damit zu tun, nicht auf den sandigen und teilweise rutschigen Stufen eine schnellere Gangart einzulegen. Schließlich bin ich meinem Steissbein sehr angetan.

Unten ging es dann gemächlich durch den Wald zurück. Unser Ticket konnten wir an ein weiteres dankbares Besucherpärchen vererben und fuhren auf der Straße (wir wussten schon, dass es eine Sackgasse war) ein Stückchen weiter.

Mit dem Erfolg, dass wir den mächtigen Tafelberg direkt vor uns in seiner ganzen Größe und Schönheit bewundern konnten. Da oben waren wir drauf. Und auf der oberen linken Spitze kann man ganz klein die todesmutigen Menschen bewundern, die sich dahin getraut haben – unter anderem meine Göttergattin, der ich hiermit das Prädikat “schwindelfrei” verleihe.

Über die Weiterfahrt waren wir uns nicht so ganz einig. Zuerst war im Gespräch die Festung Königsstein. Auf dem Berg und im Parkhaus angekommen, merkten wir, was für ein Touristenrummel hier los war. Zwei Tickets + Parken hätten uns mal eben 30 Euro und eine mögliche Covid-Infektion gekostet.

Also gab ich einfach mal Pirna ins Navi ein. Das Wetter zog sich – ausnahmsweise mal korrekt vom Wetterbericht vorhergesagt – zu. Meine Göttergattin wollte aber unbedingt nochmal ans Elbufer und lotste mich über Naundorf in die Stadt Wehlen, um die Bastei von unten sehen zu können.

Das abenteuerlichste an der Fahrt waren die engen Straßen und Gassen, bis wir schließlich auf dem Parkplatz für die Personenfähre standen – und nicht viel von der Bastei sahen.

Also weiter Richtung Pirna. Der leichte Nieselregen hatte sich mittlerweile zu einem ausgewachsenen Platzregen ausgeweitet und wir waren froh, als wir wieder im Hotel aufschlugen.

4. Reisetag – Wandern in der Sächsischen Schweiz

Gestern hatten wir hauptsächlich das Auto bemüht, heute wollten wir die Wanderschuhe abnutzen. Im Elbsandsteingebirge ist die Bastei die bekannteste Anhäufung von Felsbrocken, die relativ kommod auch für Bustouristen mit wenig Aufwand zu erreichen sind.

Aber wir wollten mittenrein ins Abenteuer. Auf der Webseite

https://www.saechsische-schweiz.de/

gibt es Dutzende von Wanderungen, die man nach Abenteuer oder Länge durchsuchen kann. Wir entschieden uns für für die Rundwanderung Bielatal, Länge ca. 4 km mit interessanten Steigen und Klettereien durch die Felsen.

Die Anfahrt zum Parkplatz Schweizermühle dauerte eine knappe Stunde durch eine wunderschöne Landschaft. So einsam, wie die Fahrt war, dachte ich, wir würden auf dem Pfad keiner Menschenseele begegnen. Weit gefehlt, die Zivilisation hatte hier schon kräftig hingespuckt in Form eines gebührenpflichtigen Parkplatzes. Dieser liegt direkt gegenüber einer steilen Felswand, ein gutes Zeichen.

Wir hatten uns eine Wegbeschreibung als PDF-Datei runtergeladen, diese aber nicht ausgedruckt, weil der hoteleigene Computer mit Drucker gerade keine Verbindung zum Internet hatte. Aber die freundliche Dame an der Rezeption erklärte sich bereit, uns die paar Blätter auszudrucken. Was ich nicht wusste: Es brauchte zur Übermittlung der Mail an das Postfach des Hotels geschlagene 15 Minuten trotz des sehr schnellen Wlans in den Zimmern.

Nach der Beschreibung konnten wir uns gut orientieren und fanden den Einstieg auch direkt. Über den feuchten Waldboden ging es bergauf und bergab, Orientierung wurde (zu Anfang) durch quadratische Steelen, anschließend, als ihnen die Steine ausgingen, nur noch durch einen gelben Punkt an den Bäumen geboten.

Immer wieder stiegen die Felsen steil in die Höhe, manchmal gab es enge Durchlässe

und irgendwann standen wir dann (wie auch zwei Dutzend anderer Wanderer) vor den Herkulessäulen.

Hier hatte sich die Felsenklettererelite versammelt und versuchte sich am Aufstieg. Warum klettern sie die Felsen hoch? Weil sie da sind. Einleuchtend.

Irgendwann hatten wir dann den Parkplatz Ottomühle erreicht und gingen auf der anderen Seite der Straße zurück, bis wir auf einem Pfad in den Wald eindringen konnten.

Was ich noch nie in der Vielfalt, wenn überhaupt gesehen hatte, das waren unzählige Fliegenpilze in allen möglichen Ausprägungen und Formen.

Hier war der Weg nicht ganz so spektakulär, bis wir auf der Johanniswacht einen guten Überblick über das Tal bekamen. Das war klettertechnisch noch leicht zu bewältigen.

Interessanter wurde es dann am Sachsenfelsen. Ich möchte es mal so beschreiben: Rucksackträger mit Klaustrophobie und Höhenangst hätten extrem schlechte Karten. Da ich nur mit ersterem Problem geschlagen war, versuchte ich mich trotzdem und gelangte auch (nach Ablage der Kameratasche) bis auf die Spitze. Es war wirklich absolut eng und die Kamera war schon einige Male im Weg. Meine großen Füße übrigens auch.

Der Anblick von oben glich dem von der Johanniswacht. Genau genommen klettert man also nur wegen des Nervenkitzels nach oben. Meine Göttergattin zog es auf der obersten Stufe der ersten Leiter vor, lieber den Waldboden zu bewachen.

Eine merkwürdige Ansicht herrscht hier bezüglich der Definition von Bauarbeiten vor. Aber das Schild sagt es eindeutig aus:

 

Zurück am Parkplatz drehten wir noch eine kleine Schleife auf den gegenüberliegenden Felsen, um uns dann in Richtung Bad Schandau auf den Weg zu machen.

Hier deckten wir uns bei Penny mit ein paar Lebensmitteln und Getränken ein. Ich hatte die Vorstellung, dass sich Bad Schandau mit einem der vielen Dörfer am Rhein vergleichen ließe. Aber das stimmt nur sehr entfernt.

Also langsam zurück. Am Aussichtspunkt Ziegenrücken einen Blick über das Land geworfen.

Dann beim Blauen Wunder in Loschwitz eine kurze Pause eingelegt und überlegt, was man noch mitnehmen könnte.

Der Zwinger fiel meiner Göttergattin ein. So gerade noch rechtzeitig, um ihn im Licht der untergehenden Sonne abzuspazieren.

Jetzt ab nach Hause, der Tag war superschön, aber auch anstrengend. Werde wohl gut schlafen.