14.10.202 – von Buena Vista nach Dillon

Heute morgen war es wieder ganz schön schattig. Das Außenthermometer des Hotels zeigte 40 Fahrenheit an, also etwas über 4°C.

Aber wie man sieht, ist es sonnig und während wir aus dem Frühstücksraum blicken, kommen wehmütige Gedanken an unser kleines Hotel in Lone Pine auf. Auch da hatten wir einen tollen Blick auf die Berge im Morgenlicht. Nur dass es da die Sierra Nevada war.

Aber hier ist es auch schön. Erwähnenswert ist noch das Frühstück, wo zumindest der Kaffee in Porzellantassen getrunken werden kann und es metallisches Besteck gibt. Offensichtlich haben sie hier keine Angst, dass sich die Hotelgäste in Unkenntnis der Bedienung damit verletzen. Auch sonst ist das Speisenangebot eines der besten, welches wir in BW-Hotels in diesem Urlaub erhalten haben.

Heute bricht unser vorletzter Reisetag an, wir müssen das Hotel anfahren, in dem wir unsere letzte Nacht verbringen.

Dieses liegt in Dillon, ca. eine Stunde westlich von Denver. Damals erschien uns bei der zugrundeliegenden Reiseplanung sowohl preislich als auch wegtechnisch als gute Lösung. Wenn da nicht immer unsere kurzfristigen Umplanungen wären…

Der direkte Weg hätte ca. zwei Stunden gedauert und wir wären spätestens um 12 Uhr um Hotel aufgeschlagen. Also werfen wir einen Blick auf die Karten und stecken ein paar Zwischenziele ab. Nr. 1: Die Midland-Tunnel. Eigentlich nicht der Erwähnung wert, wurden auf einer Nebenstraße Tunnel durch die Felsen gebohrt/gesprengt und man fährt durch. Für große Tunnelenthusiasten wie meine Beifahrerin ist das aber schon ein Erlebnis, von dem sie bestimmt die nächsten drei Wochen (auch im Schlaf) reden wird.

Die Landschaft drumherum ist auch nett und wir haben dieses absolute Highlight nach kurzer Zeit hinter uns gelassen.

Die Karten (zumindest einige) sagen, dass es ganz in der Nähe ein Browns Canyon National Monument gibt. Klingt vielversprechend.

Nach einigen Meilen löchriger Dirtroad stehen wir auf einem Parkplatz, von dem Wanderwege und auch eine Straße in die Berge abgeht.

Wir versuchen uns an der Bergstraße. Nach ein paar hundert Metern beschließen wir aus zwei Gründen umzudrehen: Zeitlich passt eine Fahrt ins Ungewisse wahrscheinlich nicht mehr rein, zum anderen wurde das Gequietsche auf der Befahrerseite so groß, dass ich wahrscheinlich mit einem Tinnitus wieder nach Hause geflogen wäre.

So ging es wieder am Fluss zurück,

bis wir auf die 24 kamen.

Diese führte nicht sonderlich interessant nach Osten, bis an einem Abzweig Hinweisschilder zum Florissant Fossilbed National Monument standen.

Das klingt schon besser. Im Visitor Center, welches nach allen Regeln der Kunst auf Energiesparen erbaut worden war, schauten wir uns einen Film über die Gegend an. Mehrere Vulkanausbrüche in grauer Vorzeit hatten den See

hier versanden lassen und unter anderem sehr viele Bäume (Redwoods) versteinert zurückgelassen.

Auf einem eine Meile langen Rundweg konnten wir mehrere dieser Relikte in Augenschein nehmen.

Besonders ist der dreifache Baumstumpf und – echt imposant, der Big Stump.

Im Visitor Center hatte ich den Begriff Pikes Peak aufgefangen. Wo hatte ich den schonmal gehört? Ach ja, einer FB-Gruppe hatte man mir den Tip gegeben, da mal mit dem Auto raufzufahren. 4.300 m Höhe.

Im Umplanen sind wir groß. Die Straße beginnt an der 24, wo wir sowieso vorbeikommen. Angeblich müssen wir im Internet Permits lösen, oder auch nicht.

Als wir da ankommen, wie im Nationalpark eine große Eingangsstation. Wir löhnen 2×15 USD und dürfen uns auf die 17 Meilen lange Straße begeben.

Wenn man dann jemanden vor der Nase hat, dessen Auto etwas untermotorisiert ist, kann das schon nerven.

Entweder wir schubsen ihn von der Straße oder er bequemt sich selbst auf einen Turnout.

Nach einer knappen Stunde über eine gut ausgebaute Straße mit etlichen Haarnadelkurven stehen wir dann auf über 4.300 m Höhe.

Ein modernes Besucherzentrum beglückt die Angekommenen mit allem, was das Herz begehrt: Souvernirs, ein Cafe und (was das wichtigste ist) Restrooms.

Wir machen einen Rundgang und lassen sowohl Blick als auch Kamera in die Runde schweifen,

als wir von einem Tuten aufgeschreckt werden. Zuerst dachte ich an einen Bus. Aber der wäre nicht durch die Haarnadelkurven gekommen. Nein, eine Zahnradbahn hat hier oben Endstation.

Hätte uns pro Person nur 40 USD extra gekostet, soviel Sprit haben wir nicht verfahren.

So sehen wir zum einen unser nächstes Ziel, Garden of the Gods,

aber auch die Berge, die wir in den vergangenen Tagen durchfahren haben.

Mittlerweile machen sich bei meiner Göttergattin gewisse Anzeichen von Höhenkrankeit bemerkbar, weshalb wir uns nach einem Gruppenfoto mit Dame und Herr

wieder auf den Weg nach unten machen.

Immer schön im zweiten Gang. Hier merkt man, welche Fahrer vor uns in den Bergen zuhause sind. Wenn die Bremslichter dauernd aufleuchten, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass in Kürze Gestank von Bremsen durch unsere Lüftung kommt.

Aber es ging alles gut, keiner blieb liegen und wir waren froh, als wir auf der 24 wieder zügig Richtung Osten zu den Garden of the Gods bei Colorado Springs weiterfahren konnten.

Diese tollen Felsformationen kamen leider viel zu kurz. Wir hatten einfach noch zuviel Wegstrecke vor uns und an einem Freitag Nachmittag nutzen viele Besucher aus der Umgebung die Gelegenheit, in diesen tollen Felsen rumzuklettern.

Die Parkplätze waren alle rappelvoll und wir konnten gerade mal ein paar wenige Fotos am Straßenrand schießen.

Check. Jetzt noch nach Costco auf dem Weg nach Dillon. Einmal das Auto und einmal den Bauch volltanken und dann ca. 2,5 Stunden fahren. Wir kommen bei Dunkelheit an und bekommen ein gemütliches Zimmer. Internet ist sogar recht schnell. Zivilisation hat seine Vorteile.

 

 

 

13.10.2022 – Von Alamosa nach Buena Vista

Gestern Abend haben wir erstmalig die Heizung für längere Zeit laufen lassen. Es lässt sich nicht leugnen, es wird Herbst.

Und heute morgen soll es sogar knapp unter dem Gefrierpunkt gewesen sein. Ich hatte zwar auf dem Weg zum Frühstücksraum aus Protest meine kurze Hose angelassen, aber vom Auto doch ein Sweatshirt übergeworfen (Hose anzuziehen im Auto wäre zu umständlich gewesen).

Frühstück war gut und meine experimentierfreudige Gattin musste unbedingt etwas probieren, was ich frei nach der Definition des Romans “Qualityland” von Marc Uwe Kling als “FeSaZu” klassifizieren würde: Das Beste aus den drei Zutaten Fett, Salz und Zucker. Es schmeckte ihr so gut, dass sie mir großzügig die Hälfte überlies, die ich dann tapfer runterwürgte.

Besser funktionierte es mit unseren Kaffee-Mugs. Wir hatten uns gleich am Anfang des Urlaub Isolierkannen gekauft (die letzten liegen noch warm und trocken zuhause) und haben beim Frühstück brav nachgefragt, ob wir denn auch unsere Mugs füllen dürften. Das wurde immer großzügig erlaubt und so kommen wir meist bis in den frühen Vormittag mit einem wachhaltenden Getränk über die Runden.

Ach ja, wir wollen ja heute auch noch ein wenig Auto fahren. Ziel ist die “Stadt” Buena Vista in Colorado, ca. 100 Meilen und weniger als zwei Stunden entfernt. Aber wie auch gestern wäre die Strecke langweilig. Außerdem: Was sollen wir schon um 12 Uhr im Hotel machen?

Unser Wahl als Zwischenziel fiel auf die North Clear Creek Falls, die ein ganzes Stück nordwestlich liegen. Aber bei uns ist ja auch der Weg das Ziel, wir möchten was von diesem wunderschönen Bundesstaat sehen.

Den ersten Ministop legten wir in Del Norte an der 160 ein.

Ein hübsches Westernnest, hier gibt es sogar noch Empfang fürs Handy.

Ein Stückchen weiter auf dem Weg nach South Fork fällt die wunderbare Färbung der Blätter in den Bergen ins Auge, ich muss stoppen.

Schräg gegenüber ein alter Wassertank, der für die Railroad hier von entscheidender Bedeutung war.

Wir folgen dem Rio Grande auf seinem gewundenen Weg durch die Berge, die Herbstfärbung lässt uns auch hier nicht los.

Kurze Zeit später erreichen wir die Stadt Creede. Eine alte Western-, aber hauptsächlich Minenstadt, die Euch vermutlich schon durch die steilen Felswände im Hintergrund aufgefallen ist.

Als ich derartige Fotos zum ersten Mal sah, dachte ich, die Häuser schmiegen sich direkt an die Felsen und die Stadt zieht sich dann ins Tal hinein.

Eine Fahrt durch die Mainstreet zeigt, dass die Stadt komplett davor liegt.

Hier gibt es auch groß angepriesen ein “underground Mining Museum”. Was daran so besonders sein soll, weiß ich allerdings nicht. Sowas haben wir auch in Bochum.

Aber das Tal und die Felsen werden noch gebraucht. Erst dachte ich, man hätte eine deutsche Fernsehserie hier gedreht, was abwegig genug wäre: Die Bacherlor-Loop zieht sich einige Meilen im Kreis durch die Felsen.

Minengebäude imposantester Art ziehen sich an den Felsen hin.

Ich schalte erstmalig (weil steil und rutschig) das Vierrad-Getriebe hinzu und unser Dicker zieht mühelos nach oben. Fahren wir jetzt die ganze Strecke?

Zuviel haben wir noch vor der Nase. Also drehen wir an einer passenden Stelle und ich versuche, die Mini-Wasserfälle zu fotografieren.

Karin kommt (zum Glück) mit dem Wagen hinterher. Jetzt nicht auf dem Bild zu sehen, aber an einem über dem Bach liegenden Baumstamm hingen noch Eiszapfen.

Nach kurzer Beratung im Visitor Center machen wir uns auf, um endlich die Wasserfälle zu sehen.

Immer wieder ragen die Relikte der alten Minentätigkeit mehr oder weniger gut erhalten in die Landschaft.

Und immer wieder zwingt einen die Landschaft zu einem Fotostop. Das würde bei bedecktem Wetter nicht passieren.

Steil stürzt sich das Wasser in die Schlucht,

aber man kann, wenn man all seinen Mut zusammennimmt, direkt nach unten schauen.

Am Wasserfall treffen wir einen Einheimischen “a hiesigen” und fragen ihn, wie wir am schnellsten nach Buena Vista kommen.

Sein Rat kommt wie aus der Pistole geschossen: Über Lake City.

Wir hatten eher daran gedacht, einen Teil der Strecke zurückzufahren, aber als wir erstmal auf der Route waren, meinte Bärbel, dass es kilometer- und zeitmäßig etwa das gleiche wäre.

Gut. Kriegen wir was Neues zu sehen.

Es geht schön in die Berge, über Pässe (stellenweise bis 3.400 m hoch), bis wir vor uns den San Cristobal Lake sehen.

Dieser ist aus mehreren Muränen entstanden, die vor 850 und 350 Jahren von den Bergen runtergingen.

Uns interessierte viel mehr: Kann man hier Picknick machen? Man kann. An der Boat Launch Area stellten wir unseren Pickup einfach ans Wasser, als wir entdeckten, dass es sogar Tische und Bänke hat. Mittagessen in wunderschöner Umgebung.

Und sogar ein Inselbesuch ist möglich. Wir hatten dank der Hängebrücke eine ganze Insel für uns allein.

Kurz hinter dem See ging es dann durch Lake City. Das Dorf/die Stadt macht sich langsam winterfertig: Die Jeeps werden eingemottet, die Snowmobile werden ausgepackt.

Weiter geht es an Schluchten des Lake Fork des Gunnison River.

Speziell auf diesem Teil der Straße ist der Wildwechsel enorm, mindestens ein halbes Dutzend Male muss Karin bremsen, um nicht unser Abendessen mit Rehbraten aufzuwerten.

Schließlich landen wir an der östlichen Ecke der Currecanti National Recreation Area, deren westliches Ende wir am Anfang der Reise touchiert hatten.

Es wird wieder “zivilisierter”, als wir die Stadt Gunnison erreichen, welche als Versorgungszentrum für die Gegend dient.

Nachdem wir von der 149 auf die 50 abgebogen sind, geht es zügig weiter nach Osten, die Landschaft wechselt von bergig zu hügelig, die Sonne geht langsam unter.

Als wir dann auf der 284 Nähe Johnson Village sind, erreicht uns via Handy eine Nachricht über “controlled fire”, die heute und morgen in der Gegend aktiv seien.

Und richtig: In östlicher Richtung sieht man, wie sich der Rauch ausbreitet. Hoffentlich behalten die alles unter Kontrolle. Bis zum Hotel sind es nur noch drei Meilen.

Endlich im Hotel, was für ein aufregender und erlebnisreicher Tag im wunderschönen Colorado.