Schaaade, wir müssen Flagstaff verlassen. Nicht nur, dass wir es sehr genossen haben, unser Zweiraumstudio zu bewohnen. Irgendwie ist uns Flagstaff ans Herz gewachsen. Obwohl wir diesmal noch nicht einmal die Zeit gefunden haben, durch Downtown zu bummeln. Und anstatt direkt auf den Interstate zu fahren und Flagstaff nur durch Zuwinken zu passieren, setzen wir uns einfach auf die Hauptstraße. Ich mache am Visitorcenter ein Foto von dem alten Bahnhof

und wir kreuzen noch einmal durch die Altstadt. An einer Kreuzung kann ich gerade eben noch den Schilderwald ablichten, der mich regelmäßig fasziniert, wenn ich dort mit dem Auto stehe oder vorbeifahre. Ob vom Fremdenverkehrsverein ein Studiengang zum Entziffern und Begreifen angeboten wird? Wir werden beim nächsten Mal fragen.

Vorbei geht es dann schnell an Ross und Panda Express und die Strecke bis Williams ist uns ja mittlerweile gut bekannt.

Die reine Fahrzeit beträgt ca. 5,5 Stunden, aber ich glaube nicht, dass wir das in der Zeit schaffen. Zu viele interessante Zwischenziele liegen auf dem Weg und wollen entdeckt werden.
Als da wäre zuerst das berühmteste Nest an der Historic Route 66, Seligman. Die 66 zieht sich von Chicago in Illinois bis nach Santa Monica in Kalifornien und gilt als eine der ersten durchgehend asphaltierten Ost-West-Verbindungen. Es hat sich ein Hype darum aufgebaut. So zehren noch heute viele von der Erinnerung, die komplette Straße gefahren zu sein. Zehren davon tut auch die Tourismusindustrie, die an den westlichen Highlightstädten wie Seligman und Kingman davon profitieren.

Logisch, dass neben Andenkenbuden und anderen unnützen Artikeln auch Autos aus der damaligen Epoche zur Schau gestellt werden.

Na ja, zu Schau stellen ist vielleicht etwas beschönigend. Sie wurden seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts einfach nicht weggeräumt und haben automatisch, ohne eigenes Zutun, das Prädikat „Historisch“ erworben.

Es geht weiter Richtung Westen (also so, wie die frühen Pioniere, nur bequemer). Nach Kingman (welches wir nicht heimsuchten, irgendwann ist Schluss mit DIESER Historienduselei) blieben wir nicht auf der I40, sondern bogen bei Ausfahrt 44 auf den Oatman Highway ein.
Der Name Oatman kam mir schon bekannt vor (und nicht nur wegen der Ähnlichkeit mit dem leckeren Oatmeal beim Frühstück). Karin erzählte von wilden Eseln auf der Straße und von einer Bergbaustadt. Warum nicht von den ausgetretenen Pfaden abweichen und gemütlich über die Landstraße juckeln? Die Schilder mit den Eseln auf der Straße tauchten ab und zu auf, aber die Tiere selbst nicht. Wo sind die nur?

Es ging, wie die Karte auch andeutete, kurvenreich (genau 191) in die Berge.

Oben auf dem Pass mal wieder ein toller Überblick über die Landschaft.
Und dann wieder runter nach Oatman.

Das Navi sagte uns eine Verzögerung von 6 Minuten an. Stau? Unfall? Straßenbauarbeiten? Weit gefehlt. Wir befanden uns am Ende der „Sidewinder-Route“

und vor uns tummelten sich viele Besucher von Oatman. Und jetzt wurde mir auch klar, warum auf der gesamten Sidewinder keine Esel zu sehen waren: Sie haben es hier viel leichter, an Futter zu kommen. Einfach die Touristen mit Schmachtblick ansehen, und schon rennen diese in den nächsten Laden und kaufen Donkey-Food. Keine schlechte Masche.

Die Stadt lebt halt von Eseln. Ob es die vierbeinigen sind, oder die vielen als Biker verkleideten, ist ja im Endeffekt egal. Und „Wild Hogs“ gab es wirklich reichlich. Sie waren uns schon auf der engen und kurvenreichen Straße entgegengekommen.

Wir nutzten die Gelegenheit, um das Dorf zu okularinspizieren und auch einen Restroom (auf-)zusuchen.

Den hatte meine Beifahrerin auf der Strecke von Flagstaff aus schmerzlich vermisst, bis wir kurz vor Kingman eine Tankstelle mit entsprechendem Etablissement fanden. Das passiert uns nicht nochmal.
Weiter geht es. Erstes wirklich wichtiges Etappenziel war die Tankstelle Thalypo im Mohave Valley, AZ. Genaue Adresse: 1520 Courtwright Rd. Der Sprit kostete dort sage und schreibe 3,439 USD/Ga. Unschlagbarer Preis. Wir tankten unseren Dicken nochmal randvoll und das war gut so. Kurz danach durchquerten wir Needles, ein sehr nichtssagendes Drecksnest und wurden von unserem Navi mit „Welcome to California“ begrüßt. Und auch einer Tankstelle direkt an der I40 mit einem Preis von 6,29 USD/Ga. Ist ein Unterschied, nicht wahr?
Wieder auf dem Freeway, die Landschaft war mittlerweile deutlich wüstenartiger geworden, nahmen wir die erste Restarea auf kalifornischem Boden mit und ich die Gelegenheit, mal einen der alten, hübschen Trucks abzulichten.

Kurze Zeit später bogen wir an der Ausfahrt 78 nach Süden auf die Kelbaker Road in Richtung Amboy ab.

Links von uns eröffnete sich die Tribolite Wilderness. Nur falls jemand das Verlangen überkommen sollte, sich in der totalen Einöde die Nase zu verbrennen. Aber schön sieht es dort aus.

Die „City of Amboy“ hatten wir fälschlicherweise mit dem Film „Out of Rosenheim“ in Verbindung gebracht, aber hier gibt es wirklich nichts Sehenswertes. Na ja, wenn man mal von dieser wunderschönen Statue absieht, die neben einer anderen ein paar Kilometer vorher einfach auf den Wüstenboden gestellt wurde. Und einem Hotel.

Lohnt es sich, dafür nach Amboy zu fahren?
DAS muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir jedenfalls entschieden uns, ohne Stop weiterzufahren und wurden links der Straße auf diese multiplen Pyramiden aufmerksam.

War da ein altägyptischer Pyramidenbauer dem Ordnungswahn verfallen oder war es eine Ausbildungsstätte für diesen nicht alltäglichen Beruf? Wir vermuten, dass es mit Salzabbau zu tun hatte, denn ein Schild sagte irgendwas mit „chloride“, also vermutlich Natriumchlorid.
Die Straße wurde nicht unbedingt interessanter. Meile um Meile zog sie sich schnurgerade dahin und ich dachte schon, ich könnte unser Hotel sehen.

Links und rechts immer wieder Briefkästen, d.h. es wohnen in dieser Wüste Leute. Und das bei 102°F, also 38,9°C.
Schließlich erreichten wir doch unsere Hotel, ein Surestay. Wer unsere Reiseberichte aufmerksam verfolgt hat, wird sich bestimmt daran erinnern, dass wir mit diesem Namen keine gute Erinnerung verbanden, ich sage nur Albuquerque. Aber schließlich sind wir heute in einem Surestay PLUS.
Und oh Wunder, man hatte uns ein Upgrade spendiert, ein großzügiges Studio mit Kochecke. Zwar direkt am Pool, der Lautstärkepegel lässt erst jetzt, um 21 Uhr etwas nach, aber wir werden leider nur eine Nacht bleiben. Die Klimaanlage zur Poolseite ist so laut, die würde auch ein startendes Düsenflugzeug übertönen, aber mit der Anlage im Schlafzimmer lässt es sich leben.
Wir wollten noch in den Joshua Tree Nationalpark für den Sonnenuntergang. Vorher noch bei Burger King den Magen füllen und dann los. Aber auf der Hälfte der Strecke merkten wir, dass sich die Sonne hinter Wolken verkrochen hatte und wir nicht unnötig Sprit verfahren mussten.

Also umgekehrt, die Arbeit wartet.
Für einen reinen „Fahrtag“ ein sehr ereignisreicher Tag.

Als wir dann wieder im Tal ankamen, erreichte uns der Ruf der Wüste. Öde, trocken und leer zog sich die Straße über Meilen hin bis irgendwann das Navi sagte: In 18 Meilen links abbiegen.
Zwei Meilen Dirtroad ließen uns so langsam in Stimmung kommen. Am Trailhead angekommen, noch kurz überflüssige Flüssigkeiten entsorgen und es kann in der sengenden Hitze losgehen. Trailbeschreibungen gab es keine, aber andere Wanderer sprachen von 4 Meilen in die eine Richtung, eine halbe Meile in die andere.
OK, wir nahmen den kürzesten Weg und kletterten direkt in den Canyon runter.
Zuerst noch richtig gut zu begehen, verengte sich die Schlucht immer weiter, bis es schließlich so schmal wurde, dass ich meine Kameratasche abnehmen und seitwärts durchtragen musste.
Schließlich weitete sich das Tal wieder und da wir es nicht besser wussten, trabten wir den gleichen Weg zurück.
Kein Problem, insgesamt waren das dann nur 1,4 km. Weiter durch die Wüste, teilweise erschwerte der Sand die Sicht, vorbei an der Salton Sea gelangten wir dann gegen 15 Uhr an unserem Hotel an.
Wir hatten am Morgen schon kurz durchgerufen und um ein Zimmerupgrade gebeten und versichert bekommen, wir würden eine King-Suite bekommen. Sie hatten Wort gehalten, unser Zimmer ist wirklich sehr schön.



Es hatten sich Scharen von Besuchern, davon die meisten aus Asien, warum auch immer, auf der Bergspitze eingefunden. Ein einsamer Joshua Tree stand – von den meisten unbeachtet – etwas daneben. Dabei gibt er doch einen so schönen Vordergrund ab.
Als die Sonne dann hinter den Bergen verschwunden war, warteten wir noch artig das Nachglühen ab
und fuhren dann Richtung Ausgang. Der Himmel hatte sich mittlerweile toll gefärbt und bot zusammen mit den Bäumen eine wunderbare Kulisse.
Als es dann noch dunkler wurde, suchten wir uns einen Platz, um die Sterne zu betrachten und zu fotografieren.
Aber der nächste wurde schon besser. Allerdings war es gar nicht so leicht, die Fotos ohne Autos, die vorbeifuhren oder andere Hanseln, die mit ihren Stirnlampen durch die Dunkelheit wuselten, abzulichten.
Nach einem guten Frühstück – built to order – wurde ich von der besten Vogelkundlerin von allen ganz aufgeregt herbeigerufen: Direkt vor dem Hotelzimmer meiner Mutter befand sich in Augenhöhe ein Kolibri-Nest.
Kurze Zeit später kehrte ein Elternteil zurück und hockte sich vorsichtig auf das gute Stück.
Jedem sein Job. Meiner war es, Urlaub zu machen. Wir fuhren durch das sonnige Palm Desert
auf dem Highway hin zum südlichen Eingang des Parks und von dort zum Cottonwood Visitor Center.
Inmitten dieser Kakteen lief uns plötzlich eine Eidechse über den Weg, wie wir sie noch nicht gesehen hatten. Neugierig und kein bisschen ängstlich posierte sie, wohl wissend, einen guten Fotografen vor der Nase zu haben (über die Rechte ihrer Fotos müssen wir uns noch einigen).
Dann an einigen Stellen größere Anhäufungen kleiner Chollas. Ratten benutzen sie, um ihre Löcher vor Feinden zu schützen. Sehen putzig aus, diese Knäul, aber anfassen würde ich sie nicht.
So plötzlich, wie die Chollas angefangen hatten, hörten sie auch wieder auf. Es ging in die Felsenregionen, die noch hübscher aussehen, wenn sie mit einem JT im Vordergrund geschmückt werden.
Einer der bekanntesten Felsen ist der Skull Rock. Selbst ich konnte ohne Nachhilfe erkennen, was er darstellen sollte.
Von dort aus liefen wir einen kleineren Trail. Die Temperatur hatte sich auf angenehme 28 °C eingependelt, war gut zu laufen.
Immer wieder faszinierend fand ich die runden Knubbel, die aus fast allen JTs zu Hauf wuchsen, vermutlich Samenkapseln.
Auf dem Weg war uns immer wieder so rotes Zeugs aufgefallen, was wir nicht einordnen konnten. Wir hatten schon Umweltsünder im Verdacht, aber eine andere Wanderin klärte uns auf: Das sei eine Art Pilz oder Parasit.
Und dann zum ersten Mal eine Blüte eines Cholla Kaktus. Entweder waren sie bisher zu weit weg, oder die Sonne schien nicht hinein oder oder oder.
Fast zum Schluss machten wir noch einen Abstecher zum Keys View. Hier hatten wir vor zwei Jahren mal einen fantastischen Sonnenuntergang erlebt. Aber der Dunst ließ mich befürchten, dass es heute nichts damit werden würde.
Auf dem Weg zurück zur Hauptstraße eine Allee von JTs
und direkt vor uns hatte sich eine Klapperschlange zum Zwecke der Verdauung (man sah deutlich ihren dicken Bauch) auf die Straße gelegt.
Vorsichtig umfuhren wir sie und düsten durch bis zum Cholla Garden. Karin machte es sich auf der Ladefläche gemütlich
und ich spazierte zum Sonnenuntergang durch die Chollas, um verschiedene Blickwinkel für den Sonnenuntergang einzufangen.
Als die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, fuhren wir gen Süden. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte allerdings, dass es doch nicht so schnell gehen würde mit dem Heimkommen.






































