20.10.2021 Cabot Trail, von Chétikamp nach Ingonish Beach

Fifty shades of sollte der Tag eigentlich heute heißen. Aber das “of” lassen wir erstmal offen. Dazu kommen wir später. Wir starten von unserem gemütlich eingerichteten Zimmer. Unsere Wirtin kommt vorbei, um sich mit ein paar Keksen zu verabschieden. Einen Tip fürs Frühstück hat sie nicht so direkt, aber wir haben ja noch einiges in der Kühltruhe.

Auf dem Weg durch Chétikamp kommen wir an einem Laden namens Robin vorbei. Batman ist nirgendwo zu sehen, also trauen wir uns. Karin versucht sich an einem Bagle, wie er auch ähnlich (oder genauso?) bei MD serviert wird. Ich bestelle mir ein Turkey Sandwich und jeder einen Becher Kaffee. Karin noch einen Schoko-Donut.

Da wir dieses Superfrühstück nur in einer Super-Umgebung verzehren wollen, fahren wir ein wenig weiter nach Norden, bis wir an einem Aussichtspunkt über die Küste ein adäquates Ambiente gefunden haben. Und im Stehen tropft der Senf direkt auf den Boden statt auf den Autositz.

So, einigermaßen satt sind wir, das Abenteuer kann beginnen. Für heute steht der Cabot-Trail auf dem Plan. Übrigens: John Cabot hat 1497 auch amerikanischen Boden betreten, eben auf dieser Insel zu unseren Füßen. Mittlerweile ist ein großer Teil Nationalpark, der Cape Breton Highland NP. Die Meere ringsum sind gefüllt mit Walen, in den Wäldern Koyoten und Elche. Zumindest wird man durch die gelben Schilder ständig darauf aumerksam gemacht.

Aber ganz so einfach macht man es den Touristen doch nicht. Man muss sich die Viecher schon erwandern. Am besten über einsame Wege, nicht zuviel reden, um sie nicht zu verscheuchen, und dann sieht man welche. Wenn man Glück hat. Wir fragten in der Ranger-Station nach, wo die Wahrscheinlichkeit am größten sei. Benjie’s Lake sei eine gute Gelegenheit. Und nur ca. 1,5 km für eine Strecke. Am See angekommen, eine schöne Kulisse (Karin hält Ausschau nach Elchen, Koyoten und Walen)

und nebenan ein nicht allzu scheues Squirrel. Man muss nehmen, was man kriegen kann…

Auf dem Rückweg schauten wir auch hinter jeden Busch und jeden Baum, aber die Mooses hatten anscheinend gerade Teambesprechung. Jedenfalls waren wir komplett erfolglos. Ob die ihre Ausbildung wohl in einem Baumarkt gemacht haben?

Weiter ging es (aus dem Nationalpark heraus) nach Pleasant Bay. Hier machte mich die beste Naturforscherin von allen auf riesige Vögel aufmerksam, die kreisend nach Beute Ausschau hielten. Also suchten wir einen Parkplatz und warteten geduldig, bis sie sich in unsere Nähe bequemten. Nähe ist auch noch sehr gestrunzt. Selbst mit 750 mm waren sie nur ein Pünktchen auf dem Bildschirm.

Auf der Mole am gegenüberliegenden Ufer hatte sich dann ein Bald Eagle (ein junger, der Kopf war noch nicht weiß) niedergelassen und ließ sich in Ruhe ablichten.

Dann breitete er seine Schwingen aus und glitt majestätisch durch die Lüfte.

Und zum Glück so nah, dass sich auch eine Ausschnittvergrößerung noch lohnte.

Einen weiteren Stop legten wir am MacKenzie-Lookout ein (passiert heute öfter).

Und es geht weiter auf der Cabot-Trail-Road. Hier kommen wir etwas in die Berge (der “Pass” liegt auf ca. 350 m Höhe, die Sauerstoffmasken brauchen wir NOCH nicht). Und hier erschlagen uns die Farben des Herbstes. Waren die Wolken über uns die vielen Variationen der fifty shades of grey, so kann man hier getrost von fifty shades of orange reden. So etwas habt ihr noch nicht gesehen. Ich jedenfalls noch nicht.

Zur Abwechslung mal ein Straßenschild in nüchternem Grün gehalten (vielleicht färbt es sich ja unter dem Einfluss des Herbsts auch noch gelb oder rot?).

Als schönes Beispiel für die für normalsterbliche unleserlichen schottischen Namen. Übrigens übersetzt Google Translate die untere Zeile wie folgt: Der Zucker schlägt… Denkt Euch dazu, was Ihr wollt.

Von der Cabot-Trail-Road führt ab Cape North eine mehr oder weniger gute Straße in den Nordteil der Insel, bis nach Meat Cove.

Nicht zu verwechseln mit dem Sänger Meat Loaf. Dort fanden wir einen wunderbar einsamen Strand, den wir dank unseres Pickups auch mit Leichtigkeit erreichen konnten.

Mittagspause.

Gut gesättigt (wir haben IM Wagen gegessen, damit uns der Salat nicht vom Teller wehte) ging es wieder zurück bis Neils Harbor, ein hübscher kleiner Hafen (wie die anderen, die wir nicht extra erwähnt haben, auch).

Da die Sonne so schön schien, von diesem hier ein Foto.

Am Black Brook (übrigens: Brook heißt Bach, wusste ich bis gerade auch noch nicht) machten wir eine etwas längere Pause, weil der Strand dort mit seinen roten Felsen und den Kieseln besonders schön anmutete.

Und den Wasserfall mussten wir natürlich auch besichtigen.

Auf dem Parkplatz mal die Gelegenheit, die bunten Blätter etwas näher abzulichten.

Jetzt aber sollten wir uns wirklich auf den Weg machen, um unser Hotel zu erreichen.

OK, einen See nehmen wir noch mit, den Warren Lake.

Unsere Herberge, die ich soeben großmundig als Hotel angekündigt hatte, trug den Namen Skyline Cabins. Im Endeffekt ein Dutzend Doppelhüttenhälften, von denen das positivste, was man sagen konnte, war, dass sie sauber und trocken sind. Aber wir dürfen nicht meckern, sondern sollten froh sein, morgen macht der Laden für den Winter dicht. Aber das Internet funktioniert und die Mikrowelle auch. Für das Frühstück müssen wir morgen selbst sorgen, ich glaube nicht, dass uns der Landlord Kekse serviert.

Ach ja: Elche haben wir den ganzen Tag nur auf den Schildern gesehen, Wale noch nicht einmal dort.

 

19.10.2021 – Von Moncton nach Chétikamp

On the road again. Wir müssen unser kleines Studio – mit dem riesigen Schreibtisch (habe gar kein Foto davon gemacht) verlassen. Wir begeben uns auf die Reise auf die Insel Cape Breton Island. Reine Fahrzeit knapp 5 Stunden. Aber wer uns kennt, weiß, dass es nicht dabei bleibt. Zu oft und zu gerne geraten wir auf Abwege. Vorher noch nebenan zum Walmart, denn Lebensmittelläden dürften im Norden der Insel rar gesät sein.

Die Sonne lacht vom Himmel runter und wir erleben den Indian Summer (ich weiß, political incorrect) von seiner schönsten Seite. Am liebsten möchte ich alle zwei Meter ein Foto machen. So müsst ihr euch jetzt mit ein paar wenigen begnügen.

Irgendwann überqueren wir die Grenze nach Nova Scotia, nach Neu Schottland.  Im Welcome Center, wo wir uns mit Karten und Info-Material eindecken wollen, werden wir erstmal nach unserem Impfstatus befragt. Karin kann natürlich sofort ihr Handy zücken und über die ArriveCan App und CovPass die erforderlichen Nachweise erbringen. Da mein Handy – wir erinnern uns – gestern den Heldentod gestorben ist, zücken wir die Papierunterlagen und der Mitarbeiter wird gleich eine Runde freundlicher. Das Material, das wir erhalten, ist reichlich. Endlich erhalten wir mal eine vernünftige Karte dieser Provinz.

Kurz bevor wir die Brücke auf die Insel überqueren, wird noch einmal vollgetankt. Wahrscheinlich ist der Sprit hier billiger als weiter nördlich auf den Dörfern.

Wir wählen nicht die vom Navi vorgeschlagene Hauptroute über den Trans Canada Highway, sondern die weiter westlich gelegene Straße 19, die zu Teilen an der Küste vorbeiführt.

Süße Nester kreuzen unseren Weg. Und zu unserem Erstaunen sind die Schilder zwar auch auf Englisch ausgeführt, aber als zweite Sprache ist in dieser Gegend Gälisch (so vermute ich) anzutreffen.

An einem Rastplatz machen wir Mittagspause, keine Menschenseele sonst unterwegs, wir genießen das schöne Wetter.

Obwohl es mittlerweile deutlich kühler geworden ist als in Moncton. Nur Hemd ohne Pulli reicht auch mir nicht mehr.

Weiter geht es Richtung Norden. Eine drohende schwarze Wolke bietet einen tollen Kontrast zu den bunten Bäumen. Hoffentlich entlädt die sich nicht, während wir wandern.

Dann wieder direkter Kontakt zur Küste.

Sind wir hier in Oregon oder Nordkalifornien gelandet? Heimatliche Gefühle kommen hoch.

Schließlich passieren wir das Ortsschild von Chétikamp und das Navi weist uns von der Hauptstraße weg, aber immer noch 6 km zu fahren. Karin, in welche verlassene Berghütte hast Du uns gebucht?

Irgendwann (es gibt auch noch andere Häuser in der Umgebung und aus Lebkuchen ist die Hütte auch nicht) sehen wir das Schild vom Chetikamp Outback Inn.

An der Tür ein Schild: Wenn keiner im Office ist, bitte folgende Nr. anrufen…

Karin zückt ihr Handy, aber dieses findet keinen Provider. Suuuper. Ich mache mich also auf den Weg zum Nachbarhaus. Dort wohnt die Besitzerin des Etablissements und freut sich wie eine Schneekönigin, dass wir angekommen sind. Sie zeigt uns zuerst das Zimmer, was für uns vorgesehen war. Aber da ein Gast abgesagt hat, könnten wir auch ein etwas größeres bekommen. Total süß eingerichtet. Hier werden wir uns wohlfühlen. Wenn wir denn länger blieben.

Denn die beste Reiseplanerin hat für heute noch ein straffes Programm eingeplant: Den Skyline Trail im Cape Breton Highlands National Park. Das bedeutet ca. 20-25 min Fahrt, Eintrittskarte kaufen und dann noch ca. eine Stunde laufen. DAS wird sportlich.

Das Ticket ist schnell erworben und wir machen uns auf den Weg. Die Rangerin zweifelte daran, dass wir das bis zum Sonnenuntergang schaffen, aber die kennt nicht unsere deutsche Marschgeschwindigkeit. Bzw. die niedrige Flughöhe, wenn wir es eilig haben.

Vom Parkplatz aus ist es noch eine Zeit zu laufen. Zuerst durch waldiges Gelände, ganz zart bergab. Als der Wald dann endet, steht für die letzten Meter bergab ein Bretterbohlenweg zur Verfügung.

Die Ängste meiner Göttergattin, es könne sich um eine schmale Gratwanderung à la Angels Landing handeln, erweisen sich als unbegründet. Sonnenuntergang war auch noch nicht, so kann ich in Ruhe das Stativ aufbauen und die ersten Lichtstimmungen einfangen.

Alle genießen die tolle Stimmung. Es ist windstill und auch die indischen Touristen verstummen mal. Sehr wohltuend.

Die Sonne sinkt tiefer und taucht das Meer in ein eigenartig diffuses Licht. Ganz bekommen wir den Sonnenuntergang nicht mit, dazu sind zuviele Wolken davor.

 

Bevor es ganz dunkel ist, kämpfen wir uns wieder bergauf und brauchen für den Rückweg ca. 45 Minuten.

Zum Glück fängt es erst während der Wanderung leicht an zu nieseln. Der Parkplatz ist stockfinster, aber unser Auto hat zum Glück Licht.

Die Rückfahrt verläuft problemlos, obwohl das Navi schon manchmal merkwürdige Anwandlungen hatte.

Wir freuen uns auf unser Zimmer. Morgen geht es rund um das Kap auf die Ostseite der Insel.